: Unterm Strich
Während anläßlich des Klagenfurter Bachmann-Preises (siehe Seite 17) emsige Verlagslektoren ihr Autorenmarketing noch in rühriger Hand- und Mundarbeit betreiben, wird hinter ihrem Rücken die Buchwelt neu aufgeteilt. Die Bertelsmann Buch AG hat mehrheitlich den Berlin Verlag übernommen. Gleichzeitig soll der Siedler Verlag als selbständig geführtes Unternehmen aus dem Wirtschaftsleben verschwinden und nur noch als Name weitergeführt werden. Der Siedler Verlag war bereits eine hundertprozentige Bertelsmann-Tochter. Zunächst hatte das Haus Bertelsmann verlauten lassen, Arnulf Conradi, Chef des Berlin Verlags, werde Nachfolger des 72jährigen Wolf Jobst Siedler, der sich aus Altersgründen zurückziehen wolle. Conradi soll weiterhin geschäftsführender Gesellschafter des Berlin Verlags bleiben. Die Übernahme des Berlin Verlags durch Bertelsmann bedeutet wohl auch das Scheitern des ehrgeizigen Projekts Berlin Verlag, der erst vor drei Jahren in Zusammenarbeit mit dem Frankfurter Suhrkamp Verlag ins Leben gerufen worden war. Arnulf Conradi hatte sich spektakulär vom S. Fischer Verlag getrennt und sowohl Mitarbeiter als auch Autoren wie die südafrikanische Schriftstellerin Nadine Gordimer und den Amerikaner Richard Ford in sein neues Projekt integriert. Mit dem ostdeutschen Autor Ingo Schulze („Simple Storys“) hatte der Berlin Verlag zuletzt auch einen beachtlichen Verkaufserfolg gelandet. Offenbar waren eine handvoll erfolgreicher Bücher zuwenig, um das anspruchsvolle Literaturprogramm gegen die Gravitationskräfte des Marktes zu verteidigen. Während der Berlin Verlag beispielsweise für amerikanische Lizenzen zuletzt viel Geld bezahlen mußte, wird der Verlag unter dem Bertelsmann-Dach künftig sehr viel leichtfüßiger agieren können. Zu Bertelsmann gehört seit einigen Monaten auch der renommierte amerikanische Verlag Random House. Das Einkaufen auf Bertelsmann-Ticket wird also billiger. Und auch für Bücher gilt immer mehr, was wir kürzlich erst beim Autofahren lernen mußten: Wo Rolls-Royce draufsteht, ist VW drin. Nichts ist mehr so wie in den schönen Nutella-Jahren.
Der scheidende Schauspielchef der Salzburger Festspiele Ivan Nagel hat an die Jahre der NS-Zeit der Festspiele erinnert. In der neuesten Ausgabe der Zeitschrift Theater heute meint Nagel, das österreichische Volk habe 1938 Hitler haben wollen. „Und den Festspielen gelang es, in nur vier Monaten zwischen Anschluß und Eröffnung, Toscanini reibungslos durch Furtwängler und Knappertsbusch, Bruno Walter durch Karl Böhm, Lotte Lehmann durch Hilde Konetzni, Reinhardt durch Hilpert zu ersetzen.“ Seither lasse ihn auch der Schreck nicht los, daß in Salzburg sowohl in der Nazizeit als auch in der lieblich-musischen Nachkriegszeit ein Ausweichen in die Musik geboten gewesen sei.
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