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Hessen verbietet Atomtransporte

Transportgenehmigungen der Hanauer Firma NCS sollen ab heute nicht mehr gelten. Die Anordnung des hessischen Ministeriums wird von Angela Merkel als rechtswidrig bezeichnet – aber bislang nicht angefochten  ■ Von Niels Boeing

Berlin (taz) – Hessens Umweltministerin Priska Hinz macht Ernst. Ab heute darf die Hanauer Atomtransportfirma Nuklear Cargo und Service GmbH (NCS) bis auf weiteres keine abgebrannten Brennelemente mehr transportieren. In einer Anordnung vom 16. Juni hat das hessische Umweltministerium bereits erteilte Transportgenehmigungen widerrufen, dies gab die Ministerien am Wochenende bekannt. Es gebe Zweifel an der Zuverlässigkeit der NCS bei der Beförderung von Brennelementen, heißt es zur Begründung in einer Mitteilung des Ministeriums. Damit will Hinz den Atomtransportstopp, den die Atomindustrie Bundesumweltministerin Angela Merkel (CDU) bloß in Absprache mit den Stromkonzernen zugesichert hatte, rechtlich verbindlich machen.

Für die Atomindustrie wäre das ein harter Schlag, da zur Wiederaufnahme der Transporte die Genehmigungen erneut beantragt werden müßten. Die bisherige Absprache mit Merkel hat den Vorteil, die Transporte sofort wieder aufnehmen zu können, wenn Merkel grünes Licht dazu gibt. Hinz stützt sich bei der Anordnung auf Paragraph 19 des Atomgesetzes. Dort heißt es, die zuständige „Aufsichtsbehörde“ könne Genehmigungen für den Umgang mit Nuklearmaterial widerrufen.

Umstritten ist aber bislang, wer hier mit „Aufsichtsbehörde“ gemeint ist. Angela Merkel, die vorab aus Hessen informiert wurde, betont, für einen solchen Erlaß sei einzig das Eisenbahnbundesamt zuständig. Ihre Drohung, die ihrer Ansicht nach rechtswidrige hessische Anordnung durch eine „bundesaufsichtliche Weisung“ wieder außer Kraft zu setzen, machte Merkel bis gestern aber nicht wahr.

Die NCS befördert seit Jahresbeginn für die Hanauer Firma NTL abgebrannte Brennelemente aus AKWs im gesamten Bundesgebiet. Die hierzu erforderlichen Genehmigungen erhielt NCS vom Bundesamt für Strahlenschutz. Gestern war nicht zu klären, ob die hessische Anordnung auch auf die NCS-Genehmigungen für Atomtransporte in den anderen Bundesländern zutrifft.

Das hessische Umweltministerium ist inzwischen auch vom Betreiber des AKW Biblis, RWE Energie, unter Beschuß genommen worden. Laut RWE habe man bei der Akteneinsicht in der hessischen Atomaufsicht ein Schreiben des TÜV vom Juli 1990 gefunden, das sich mit Grenzwertüberschreitungen bei Atomtransport beschäftigt. RWE vermutet, daß das hessische Umweltministerium dann seit 1990 von den berüchtigten Kontaminationen gewußt hat. Diesen Vorwurf wies Priska Hinz als „unverschämt“ zurück.

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