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Ein Sommernachtsalptraum Von Carola Rönneburg

Schöner noch als das Kennenlernen ist das Rendezvous. Diese erste Begegnung unter vier Augen – ohne neugierige Zuhörer, die sich Freunde nennen – birgt zwar Risiken, ist aber doch vor allem eine herrlich aufregende Angelegenheit. Erfahren und geprüft, haben wir ein Restaurant aufgesucht: Das Menü hilft, anfängliche Gesprächspausen zu überbrücken und vorzeitige Trunkenheit zu verhindern. Darüber hinaus offenbart sich an diesem neutralen Ort schnell der Charakter des Rendezvouspartners. Wie jemand einen Kellner behandelt, ob freundlich, gönnerhaft oder unhöflich, ist zum Beispiel sehr aufschlußreich.

Unsere Voraussetzungen für einen schönen Abend sind optimal. Es ist ein warmer Sommerabend, wir sitzen allein an einem großen Tisch im Garten. Inzwischen unterhalten wir uns sehr gut und sind längst nicht mehr so verlegen wie zu Beginn unserer Verabredung. Erleichternd finde ich auch das schummrige Kerzenlicht – er bemerkt bestimmt nicht, wenn ich rot werde. Nachdem sich nun also langsam die Streßhormone in hübsche Endorphine verwandelt haben, können wir diesen Zustand unbesorgt auskosten. Mit dem Dessert wollen wir noch ein wenig warten. Wir sehen uns ganz schön lang in die Augen – oha, jetzt wollen wir erst einmal eine Zigarette rauchen. Wir greifen gleichzeitig zum Feuerzeug, es britzelt ganz gewaltig, und dann das: Mit angehaltenem Atem blicken wir auf etwa dreißig Rosen, die ein Blumenverkäufer soeben rigoros zwischen uns geschoben hat. „Eine Rose drei Mark, fünf Stück nur zehn Mark“, brüllt der Mann und stiert unverhohlen mein Gegenüber an. Ich linse über den Strauß und hoffe bloß, daß der jetzt nichts Falsches macht. Macht er nicht: er sagt höflich „nein, danke“, und der Verkäufer trollt sich.

Aus dem Tritt geraten, schlagen wir die Speisekarte auf und bestellen zwei Portionen Nachtisch. Wir plaudern ein wenig und werden gerade wieder mutig, da naht neues Unheil. Diesmal ist es eine zwölfköpfige peruanische Musikergruppe, bis an die Zähne bewaffnet mit Panflöten und Schrammelinstrumenten. Zielsicher steuern sie unseren Tisch an und beginnen ihr Konzert, das jegliche Konversation in der nächsten Viertelstunde unmöglich macht. Und angucken geht einfach noch nicht wieder.

Was tun? Dem Andenanführer Geld unter den Poncho schieben, damit er seine Truppen zurückzieht? Aufspringen und „Feuer!“ rufen? Das geht wohl erst, wenn man sich ein bißchen besser kennt.

Nachdem die letzte, von Irren am Nachbartisch eingeforderte Zugabe verklungen und die Panflötenterrorgruppe mit prallgefüllter Wollmütze in die Nacht verschwunden ist, folgt nahtlos eine Frau in Begleitung einer Dogge, die „etwas Geld für mich und meinen Hund“ wünscht, dann ein Raubdrucksortiment, schließlich ein weiterer Rosenverkäufer. Ich lächle verzweifelt, da faßt er sich ein Herz und wechselt auf den Platz neben mir. Er legt die Hand auf meine Stuhllehne und stellt einen hochgradig knieweichmachenden Blickkontakt zu mir her, als wir ein seltsames Schnaufen hören: Hinter uns hechelt die Dogge, daneben steht die Hundehalterin. Sie habe vergessen, sagt sie, daß sie auch noch gern „etwas Geld für meinen Typen“ hätte.

Wir sind dann gute Freunde geworden.

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