Rheinmetall als lachender Dritter

■ Streit zwischen DAG und IG Metall lähmt Betriebsrat von STN Atlas Elektronik / Unterdessen arbeitet die Mutterfirma ungehindert an der Zerschlagung der Firma / Stellenabbau befürchtet

Machtkämpfe unter Gewerkschaftern lähmen den Betriebsrat von STN Atlas Elektronik. Während Betriebsräte zanken und kaum handlungsfähig sind, ist das Mutterkonsortium um den Düsseldorfer Rheinmetall-Konzern weiter dabei, die Firma zu zerlegen und dabei Arbeitsplätze zu streichen. Bei dem Schlagabtausch der Vertreter von IG-Metall und Deutscher Angestelltengewerkschaft (DAG) geht es um die juristische Konstruktion der ArbeitnehmerInnenvertretung.

Die Metaller stellen derzeit noch den Gesamtbetriebsratsvorsitzenden Erik Merks. Die DAG hat dagegen im März bei den Wahlen zu der Interessenvertretung des Bremer Betriebsteils die Mehrheit errungen. Sie stellt mit Manfred Solmersitz den Bremer Betriebsratschef und bezeichnet Merks' übergeordnetes Mandat als illegal. Merks und die Sprecherin der IG Metall-Betriebsräte bei STN-Bremen, Dagmar Muth, schildern jedoch in einem Brandbrief an Solmersitz ihre Befürchtung: Der Streit könnte die Arbeitnehmervertretung so weit schwächen, daß das Mutterkonsortium um Rheinmetall STN weiter zerschlagen wird, ohne daß ein funktionierender Betriebsrat eingreift. Bis zu 20 Prozent der noch etwa 4.000 Arbeitsplätze könnten so verloren gehen, befürchten Insider.

Der Grund für den Bruderkrieg ist die Ausgliederung des Hamburger Betriebsteils Schiffselektronik (SAM) als eigene Gesellschaft. Dieser 100prozentigen STN-Tochter gehört Merks an. Zudem ist laut Sozial- und Interessenausgleichsplan vereinbart, bestimmte arbeitsrechtliche Verhandlungen bis Ende dieses Jahres noch gemeinsam auszutragen. „Darum ist für uns vollkommen klar, daß auch ein Gesamtbetriebsrat noch legitim ist“, sagt Dieter Reinken von der IG Metall. Die Gewerkschaft will dies mit einem Gutachten klären lassen.

Die DAG bezeichnet dies als überflüssig. Bezirks-Chef Werner Klimm: „Wir haben das klipp und klar juristisch nachgeprüft. Laut Betriebsverfassungsgesetz kann es einen Gesamtbetriebsrat nur für einen Betrieb geben. Der alte STN-Bereich Schiffselektronik ist aber inzwischen ein eigener Betrieb.“ Das vertritt auch der DAG-Betriebsratschef Solmersitz. Er plädiert stattdessen für einen Unterkonzernbetriebsrat, der im Gegensatz zum Gesamtbetriebsrat dem Rheinmetall-Konzernbetriebsrat untergeordnet wäre.

Diese juristische Streitfrage legt aber nach Meinung der IG Metall die gesamte Interessenvertretung lahm. In dem erwähnten Brandbrief an Solmersitz bemängeln Merks und Muth, daß der Betriebsrat gegenüber der Geschäftsführung nicht handlungsfähig ist, da Solmersitz zunächst den Gesamtbetriebsrat auflösen wolle. Weiter heißt es, der Betriebsteil Informationssysteme (100 MitarbeiterInnen) solle in die Rheinmetall-Tochter RIS ausgegliedert werden. Die Schiffselektronik ist bereits outgesourced. Ebenfalls denkbar sei eine Kooperation im Geschäftsbereich Land- und Flugsysteme mit dem Unternehmen MaK.

Branchenkenner können sich zudem vorstellen, daß die Miteignerin British Aerospace (BA) im Verbund mit ihrer französischen Tochter Sema und der Firma Thompson die Marine-Elektronik übernimmt, wenn die Bundes-Marine nicht ihr Veto einlegt. Übrig bliebe die Simulationstechnik, die das STN-Mutterkonsortium aus Rheinmetall und Badenwerken (51 Prozent) und der BA (49 Prozent) als eigenständiges Unternehmen weiterlaufen lassen könnten. Dies wäre dann die vollständige Zerschlagung der einstigen „Perle des Vulkan“ – nach IG Metall-Befürchtungen begünstigt durch einen handlungsunfähigen Betriebsrat.

DAG-Mann Klimm bestätigt zwar eine gewisse Blockade. Die Schuld daran könne man aber unmöglich Betriebsrat Solmersitz zuschieben. Im übrigen wolle man jetzt den benötigten Wirtschaftsausschuß gründen, um die Verhandlungen mit der Geschäftsführung aufnehmen zu können. „Alles andere macht keinen Sinn. Sonst fällt man mit dem alten Gesamtbetriebsrat Beschlüsse, die später vom Unternehmen angefochten werden können“, so Klimm. Jeti