piwik no script img

■ VorschlagKreuzung aus Informel und Pop: Yu Youhan bei Nikolaus Sonne Fine Arts

Die gewaltigen Umbrüche in der zeitgenössischen Kunst der Volksrepublik China zeigen sich beispielhaft auch in der Person Yu Youhans. Seinen zartfarbigen abstrakten Kompositionen stehen bunt-dekorative Agitprop-Satiren gegenüber, und die historisch eher antagonistischen Kräfte von informeller und Pop-art-Tradition treffen sich im gleichen Werk. Als der Künstler in Berlin erstmals bei der Schau „China Avantgarde“ von 1993 im Haus der Kulturen der Welt vorgestellt wurde, zeigte er die für den „chinesischen Pop“ typischen Bilder. Jetzt können bei Nikolaus Sonne auch die anderen Facetten seiner Arbeit besichtigt werden.

Der 1943 in Shanghai geborene Yu Youhan gehört zur älteren, gleichsam Lehrer-Generation und hat für viele Vertreter der Jungen in China Vorbildfunktion. Seine unterschiedlichen ästhetischen Verfahren gehen auf sich wandelnde Reflexionen westlicher Kunst zurück. Die ausgestellten abstrakten Gemälde stammen aus der Mitte der 80er Jahre, als Youhan sich vor allem mit Cézanne beschäftigte. Er nennt die aus „bewußter Ziellosigkeit“ gewonnenen kalligraphischen Übungen „Circle Painting“.

In den neunziger Jahren wurden sie von grellfarbigen ironischen Adaptionen politischer Propagandakunst abgelöst. In schablonenhafter Manier erscheinen Mao Tse-tung, Junge Pioniere oder die „Asian, African und Latin American Friends“, alle von ewigem Lächeln gezeichnet. Eine der Reklamewelt vergleichbare Heile-Welt- Beschwörung, die durch aufgelegte tapetenartige Muster aus Blumen und Tieren noch zusätzlich verkitscht und ins Lächerliche getrieben wird. Neuere Gemälde wie „Mao and Zhu De“, „Bing Ma Yong“ oder „Waterfall“ erscheinen wie eine Kreuzung beider Phasen. Farbliche Reduktion verbindet sich mit figurativen und collagierten Elementen.Die „bewußte Ziellosigkeit“ scheint sich nun allerdings im allzu Vagen zu verlieren. Michael Nungesser

Nikolaus Sonne Fine Arts, Unter den Linden 69 d, täglich 10-21Uhr, bis 10. Juli

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen