: Oranier-Marsch überschattet Parlamentssitzung
■ David Trimble von der Ulster Unionist Party zum Premierminister Nordirlands gewählt. Am Sonntag will der Oranier-Orden trotz Verbots Parade in Portadown durchsetzen – auch mit Gewalt
Dublin (taz) – Bei der ersten Sitzung der Nordirischen Versammlung, des Regionalparlamentes, ist gestern David Trimble zum ersten Premierminister Nordirlands seit 25 Jahren gewählt worden. Sein Stellvertreter wurde Seamus Mallon von der katholischen sozialdemokratischen Partei SDLP. Die übrigen Mitglieder der zwölfköpfigen Allparteienregierung werden im Herbst nominiert.
So bleibt Trimble zunächst von Sinn Féin verschont. Dem politischen Flügel der IRA stehen zwei Kabinettsposten zu. Auch Sinn Féin kommt die Vertagung nicht ungelegen, steht am Sonntag doch der umstrittene Marsch des protestantischen Oranier-Ordens durch die katholische Garvaghy Road in Drumcree, einem Stadtteil von Portadown, auf dem Programm. Zwar hat die Paraden-Kommission entschieden, daß die Marschroute verändert werden muß, doch Polizeichef Ronnie Flanagan kann sich darüber hinwegsetzen, um Ausschreitungen zu verhindern. Säße Sinn Féin bereits am Kabinettstisch, wenn die Polizei wie in den vergangenen drei Jahren den Oraniern die Straße frei prügelt, würden die eigenen WählerInnen die Partei mit verantwortlich machen.
Drumcree hat hohen Symbolwert. Vor drei Jahren stand Trimble gemeinsam mit dem rechtsradikalen Pfarrer Ian Paisley auf den Barrikaden und erzwang schließlich die Genehmigung der zunächst verbotenen Parade. Aufgrund seiner harten Linie wurde er ein Vierteljahr später zum Parteichef gewählt.
Der Oranier-Orden hat angekündigt, auch diesmal den Marsch durchzusetzen – wenn nötig mit Gewalt. Man sei „bereit, 365 Tage lang in Drumcree zu stehen, falls das für das Prinzip und das Recht erforderlich ist, die Garvaghy Road entlangzulaufen“, sagte der Großmeister des Ordens.
Vertreter der Regierungen in London und Dublin versuchten gestern zu vermitteln. Eine Lösung war jedoch nicht absehbar. Ralf Sotscheck
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