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Rätselraten um runkelige Genrüben

■ Dorfbewohner berichten von mickrigen Rüben und erklären Genversuch im niedersächsischen Schmarrie für gescheitert / US-Gentechfirma Monsanto dementiert: Die Genrüben sind wunderbar

„Pico ist tot“. Dieser Codename geistert zur Zeit als Schlachtruf durch das kleine Dorf Schmarrie in Niedersachsen. Feixend läuft man an einem Feld vorbei, das vor einem Jahr für Schlagzeilen sorgte: UmweltaktivistInnen und DorfbewohnerInnen hatten den Acker besetzt, um einen Feldversuch der US-Gentechfirma Monsanto zu verhindern. Die Firma säte trotzdem aus – allerdings mit mäßigem Erfolg, wie jetzt AnwohnerInnen beobachtet haben wollen: Die genmanipulierten Zuckerrüben sehen „total mickrig aus“, „das Feld ist total verkrautet“, berichten sie und schlußfolgern: „Der Versuch ist tot, Monsanto hat alles abgebrochen.“

Nach Augenschein berichtet Susanne Ritters vom damaligen Aktionsbündnis gegen den Feldversuch: „Die Rüben sind ganz klein. Wie die aussehen, hat das mit einem normalen Zuckerrübenfeld überhaupt keine Ähnlichkeit.“ Selbst Verwandte des Bauern, der das Feld an Monsanto verpachtet hat, hätten durchblicken lassen: Der Versuch ist gescheitert. Die gegen das Allround-Herbizid „Round-Up“ resistent gemachten Rüben hätten das Besprühen mit dem neuen Unkrautkiller und die Genmanipulation wohl nicht verkraftet.

Von verschrumpelten Rüben und einem Versuchsstop will die Bauersfamilie Penice aus Schmarrie aber nichts wissen: Die Rüben „stehen wie –ne Eins“, sagt Bäuerin Penice. „Jede Rübe ist gekommen.“ Das beteuert auch der Versuchsleiter vom Pflanzenschutzamt der Landwirtschaftskammer in Hannover: „Die Rüben sind phantastisch“ und eigentlich „gar nicht kleiner“, sagt Horst Bötger. Es gebe zwar schon die „eine oder andere kleine Rübe“. Und der „Rübenbestand“ sei auch „nicht ganz so optimal“. Das liege aber „nicht an der Chemie, sondern an zerstörerischen Händen.“ In einer Nacht- und Nebelaktion hätten GegnerInnen vielen Rüben einfach die „Köpfe abgehackt“ – was die AktivistInnen dementieren. Da gebe es natürlich einen „Wachstumsrückstand.“

Daß in Schmarrie wachstumsrückständige Zuckerrüben stehen, ist dem obersten Monsanto-Versuchsleiter Andreas Tierfelder offenbar nicht bekannt: Der Versuch laufe „hervorragend“, berichtet er. Die Rüben würden das Herbizid fast zu 100 Prozent vertragen. Sie seien überhaupt nicht „ertragsdepressiv“. Bei den beobachteten kleinen Rüben handele es sich um normale Rüben, die zu Vergleichszwecken angebaut wurden. Der Versuch laufe auf jeden Fall weiter.

Die Kontroverse um die Schmarrier Zuckerrüben ist für das kritische GenEthische Netzwerk in Berlin kein unbekannter Streit: Dort laufen Infos von Initiativen über die Versuchsfelder in ganz Deutschland zusammen. „Viele berichten uns, daß Versuche nicht so gut laufen“, berichtet Henning Strodthoff vom Netzwerk. Das hätten die Netzwerkleute auch selber bei Ackerbegehungen vor Ort beobachtet – gerade auch bei Rüben, die „hochgradig rückgekreuzt sind. Die wachsen dann gar nicht richtig.“ Und bei Genraps-Versuchen hätte zum Beispiel das Herbizid nicht wie versprochen alle Unkräuter vernichtet. „Jubilieren wäre also nicht die richtige Reaktion“, sagt er zu den schadenfrohen Schmarriern. In den USA hätten die Firmen derartige Probleme schon in den Griff bekommen. Man könne nur sagen: „Die Firmen kriegen es nicht so einfach hin, wie sie es sich vorgestellt hatten.“ Soetwas aber würden Gentech-Unternehmen wie Monsanto natürlich niemals öffentlich zugeben. Katja Ubben

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