: Ab in den Süden
■ Hamburger Jugendliche in geschlossene Heime in Stuttgart eingewiesen?
Obwohl Anfang der achtziger Jahre in Hamburg geschlossene Heime für straffällige Jugendliche abgeschafft worden sind, soll mindestens ein Jugendlicher in einem solchen untergebracht worden sein – außerhalb der Hansestadt. Ein 16jähriger soll in der geschlossenen Abteilung des Jugendheimes Schönbühl bei Stuttgart gelebt haben, berichtete gestern die Welt. Mehrere weitere Anfragen aus Hamburg seien wegen Platzmangels abgelehnt worden.
Der Bericht konnte gestern allerdings weder bestätigt noch dementiert werden. Licht ins Dunkel hätte der Anstaltsleiter des süddeutschen Jugendheimes, Hans-Peter Bauer, bringen können. Der war jedoch nicht im Haus und sein Stellvertreter nicht zu sprechen. Und die Hamburger Behörden sind über die Sache schlicht nicht informiert – schließen aber nicht aus, daß tatsächlich ein Jugendlicher außerhalb Hamburgs hinter verschlossenen Türen betreut wurde.
Festzustehen scheint bisher lediglich, daß der Jugendliche offenbar nicht im Rahmen eines Strafverfahrens von einem Jugendgericht ins Stuttgarter Heim eingewiesen worden war. Zwar hatte die Welt von einem Delinquenten und damit von einem Straftäter gesprochen. In dem Fall jedoch müßte die Justizbehörde Akten darüber führen, nicht zuletzt, weil sie dann einen Tagessatz für die Unterbringung an die Jugendbehörde in Baden-Württemberg gezahlt haben müßte. Laut Justizsprecherin Annette Pflaum war das jedoch nicht der Fall.
Ihrer Auffassung nach könnte der Jugendliche deshalb nur im Rahmen der Jugendhilfe in Stuttgart untergebracht worden sein. Das „Kinder- und Jugendhilfegesetz“ schlägt eine Reihe von Maßnahmen vor, die getroffen werden können, wenn das Kindeswohl eines Jungen oder Mädchens gefährdet ist. Auch „freiheitseinschränkende Maßnahmen“, also auch die Unterbringung in geschlossenen Heimen, sind demnach möglich. Dann allerdings müßte ein Vormundschaftsrichter dem zustimmen. Da diese RichterInnen dezentral bei den einzelnen Bezirken angesiedelt sind, konnte auch die Sprecherin der Jugendbehörde, Viola Griehl, darüber keine Auskunft geben. Elke Spanner
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen