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Wohnungsbauer fürchten Staatsmonopol

■ Die städtische BIG soll im Wohnungsmarkt tätig werden: Mittelständler bangen um Existenz / Markt für Gewerbeflächen wird schon lange staatlich beherrscht

Die Bremer Wirtschaft ist mit der Neuordnung der Bremer Wirtschaftsförderung unzufrieden. Private Immobilien-Firmen, der Ring Deutscher Makler und Unternehmensverbände befürchten, die neue Bremische Investitions-Gesellschaft (BIG) könne Existenzen vernichten. Grund für ihre Sorge, die sie brieflich den Senatoren Josef Hattig (CDU, Wirtschaft) und Bernt Schulte (CDU, Bau) kundgetan haben: Die Staatsfirma könnte auf dem Bremer Wohnungsbaumarkt ein Monopol erringen.

Die Bürgerschaft hat im Aufgabenkatalog der BIG, unter derem Dach nach der Empfehlung der McKinsey-Berater die Verwaltung öffentlicher Immobilien und die Wirtschaftsförderung zusammengefaßt werden, auch „Maßnahmen im Bereich Wohnungs- und Städtebau“ vorgesehen. Michael Bongartz, Chef der gleichnamigen Baufirma und Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Freier Wohnungsbauunternehmen (Arge) mit 19 Mitgliedsfirmen beklagt, die BIG könne durch den Einsatz von Subventionen die Mittelständler vom Markt verdrängen.

„Ich muß Wohnungsbauflächen in Bremen nicht mit Steuermitteln fördern“, sagt SPD-Mitglied Bongartz. Es gebe genug Wohnungen, die Preise seien im bundesweiten Vergleich sehr niedrig. Verhängnisvoll sei ein Beschluß, wonach die Stadt Grundstücke in Baugebieten aufkaufen und an den Bauträgern vorbei für individuellen Eigenheimbau bereitstellen soll. Das alles ließe sich leicht durch Verträge mit den Bauträgern absichern. Auch Matthias Fonger, Geschäftsführer der Bremer Handelskammer, ist „nicht ausreichend klar“, warum in den Aufgaben der Bremischen-Investitions-Gesellschaft das „Feld Wohnungsbau genannt ist“. Der Staat dürfe nicht in funktionierende Märkte eingreifen.

Als Beleg für jene „verhängnisvolle Entwicklung“, die dem Wohnungsmarkt drohe, führen Bongartz und seine Bundesgenossen den Markt für Gewerbeflächen in Bremen an, der nahezu völlig von staatlichen Eingriffen beherrscht werde. In der Folge könnten städtische Firmen wie die Wirtschaftsförderungsgesellschaft (WfG) Büro- und Gewerbemieten von 15 Mark bieten, Private Immobilieninvestoren müßten aber zwischen 18 und 22 Mark einnehmen, um auf ihre Kosten zu kommen. Diese Subventionspolitik schrecke auswärtige Immobilien-Anleger ab, weil sie in Bremen keine vernünftigen Renditen erzielen könnten, so die Klage.

WfG-Chef Harald Matys räumt zwar ein, daß „Bongartz zum Teil Recht“ habe. Private hätten aber in der Vergangenheit nicht genügend Flächen bereitgestellt oder Bürobauten auf eigenes Risiko „auf Vorrat errichtet“. Die Konkurrenz sieht Matys nicht zwischen Stadt und privaten Bremer Firmen, sondern zwischen Bremen und dem Umland, wo es Gewerbeflächen für 40 Mark pro Quadratmeter gebe. So hätten Private für Gewerbegrundstücke in Bremen durchschnittlich 187 Mark verlangt, während die WfG Land für weit unter 100 Mark angeboten habe.

Denn städtische Grundstücke werden massiv subventioniert: Zwischen 1996 und Juni 1998 habe die Stadt nach Angaben der Wirtschaftsbehörde 308 Millionen Mark ausgegeben, um Gewerbeflächen zu erschließen, die Gelände zu sanieren und Ausgleichsmaßnahmen zu finanzieren. Im gleichen Zeitraum wurden 82 Hektar für insgesamt 59,6 Millionen Mark an Firmen verkauft. Diese hätten 443 Millionen Mark investiert, 1.800 Arbeitsplätze gesichert und 890 neue Jobs geschaffen, heißt es zur Begründung des Millionen-Engagements.

Joachim Fahrun

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