: Kein Taxi zum Klo
Vom Kampf einer CDU-Politikerin für geordnetes Urinieren am Flughafen ■ Von Heike Haarhoff
Ist es zumutbar, einen Mann – die Mehrzahl der Taxifahrer ist männlich – mit voller Blase zu einem 350-Meter-Sprint bis zur nächsten Toilette zu nötigen? Ja, findet der Hamburger Senat und weist alle unterschwelligen Vorwürfe der Folter an Taxifahrern am Flughafen zurück. Außerhalb der Terminals gibt es und wird es deswegen keine Klohäuschen für die Zunft der Chauffeure geben, stellte die Landesregierung klar.
Die Fahrer müßten eben den Weg bis ins Terminal auf sich nehmen, wo sich öffentliche Bedürfnisanstalten befinden. Denn: „Nach Auffassung der zuständigen Fachbehörde (Wirtschaft, d. Red.) sind ausreichend öffentlich zugängliche Toiletten vorhanden.“ Die CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Rena Vahlefeld, die diese ihrer Auffassung nach unbefriedigende Senatsauskunft als Antwort auf eine kleine parlamentarische Anfrage erhielt, sprang daraufhin im Dreieck: „Skandalös“ sei es, pressemitteilte sie, daß der „Senat nichts unternimmt, um am Flughafen hygienische Zustände herzustellen“.
Denn Taxifahrer – auch hier wieder die männlichen – neigen dazu, angesichts der 350-Meter-Wegstrecke ihre Notdurft lieber stehend und im Freien zu erledigen, was Rena Vahlefeld, und nicht nur sie, zu recht ekelt. Doch auf ihren konstruktiven Vorschlag, die Stadt als Mehrheitseignerin des Flughafens könne doch wenigstens ein paar „Säulentoiletten“ aufstellen, erntete sie nur Ablehnung: Die 17 Automatiktoiletten, über die die Stadt verfüge, seien verplant: „Der Flughafen zählt nicht zu diesen Standorten.“
Fassungslos nimmt Vahlefeld nun zur Kenntnis, daß zwar „700 Millionen Mark in den Flughafenausbau bis 2010 investiert werden“ und „der Taxiverkehr wegen der fehlenden S-Bahnanbindung immer wichtiger wird“. Doch für zusätzliche Toiletten bleibe kein Pfennig übrig. Die Arbeit der Taxifahrer, „die in Warteschlangen vor den Terminals auf zu befördernde Personen warten“, folgert Vahlefeld, werde „erschwert“. Schlimmer noch: „Zugleich führt dies zu gravierenden Behinderungen bei der Abfertigung der Beförderung (Fluggäste, d. Red.), da die Taxen in dieser Zeit unbeaufsichtigt in der Warteschlange als Hindernis zurückbleiben.“
Durchschnittlich 7500 Taxifahrten täglich hat ein Statistiker der Wirtschaftsbehörde am Flughafen gezählt. Jährlich macht das 2,2 Millionen. Nach dem Ausbau wird mit 10.000 täglichen und drei Millionen jährlichen Fahrten gerechnet. In welchem Zusammenhang diese Zahlen mit der Notdurft-Erledigungsfrequenz von Taxifahrern stehen, ließ der Senat offen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen