„UCK verteidigt westliche Werte“

■ Arben Xhaferri ist Vorsitzender der Demokratischen Partei der Albaner (PPDSH) in Makedonien und an der amtierenden Koalitionsregierung beteiligt

taz: Was bedeutet für die Albaner in Makedonien die Befreiungsarmee des Kosovo (UCK)?

Arben Xhaferri: Für uns ist die UCK ist ein ganz normales Phänomen. Die Albaner sind eine schutzlose Nation und wurden im Laufe der Geschichte immer wieder angegriffen. Deshalb müssen sie eine Armee haben. Für den Kosovo übernimmt diese Aufgabe die UCK. Außerdem verteidigt die UCK dort die internationalen Werte, denn im Kosovo herrscht Apartheid. Wir können nicht zulassen, daß Apartheid mitten in Europa existiert.

Ist die UCK eine terroristische Organisation?

Wie können Leute, die ihre Häuser, ihr Land verteidigen und ihre Familien schützen, Terroristen sein? Die UCK greift doch keine Zivilisten in Serbien an.

Unterstützen die Albaner in Makedonien die UCK?

Die Albaner in Makedonien unterstützen die UCK auf mehreren Ebenen. Zunächst auf politischer Ebene, indem sie die Forderung nach Unabhängigkeit des Kosovo unterstützen. Dazu werden auch Kontakte zwischen der UCK und der makedonischen Regierung hergestellt. Die zweite Dimension betrifft humanitäre und finanzielle Hilfe. Auch nehmen Freiwillige aus Makedonien an militärischen Aktionen der UCK im Kosovo teil. Zuallererst geht es jedoch um die politischen Forderungen und die Unterstützung von Verhandlungen. Sollten die keine Ergebnisse bringen, bleibt doch nur die UCK als letztes Mittel, um die Unabhängigkeit zu erreichen.

Also auch mit Gewalt?

Das System ist doch selbst gewaltsam. Die Serben setzen militärische Mittel ein, um die Albaner zu eliminieren. Wenn die Albaner zu den Waffen greifen, ist das nur logisch.

Hat Ihre Partei die Albaner Makedoniens unter Kontrolle?

Im Moment noch ja. Doch wenn die Forderung nach Unabhängigkeit weiter ungehört bleibt, wird es zu einer Radikalisierung kommen.

Sie sprechen immer von der Unabhängigkeit des Kosovo. Heißt das, daß ein Autonomiestatus unannehmbar ist?

Die Albaner im Kosovo haben bereits mehrfach eine Kohabitation mit den Serben akzeptiert. Die Ergebnisse sind bekannt. Die Albaner wurden diskriminiert und von wichtigen Positionen entfernt. Wir verfügen über Dokumente, aus denen hervorgeht, wie die Serben mit den Albanern verfahren wollen. Sie wollen sie planmäßig eliminieren. Für ein Zusammenleben gibt es nur eine Möglichkeit: ein Demokratisierungprozeß, der den ganzen Balkan erfaßt, gekoppelt mit einem globalen Marshallplan für diese Region.

Der Westen unterstützt die Forderung nach Unabhängigkeit des Kosovo aber nicht.

Die westlichen Staaten gehen von einer falschen Maxime aus. Die heißt: Ein schlechter Frieden ist besser als ein guter Krieg. Aber ein schlechter Frieden produziert meistens einen guten Krieg. Der Westen muß die Unabhängigkeit des Kosovo anerkennen. Schließlich hat Milošević Ende der 80er Jahre die Verfassungssordnung Jugoslawiens ausgehebelt.

Kommt nach der Unabhängigkeit ein Großalbanien?

Vor zwei Tagen bin ich von Österreich nach Deutschland eingereist. Dabei wurden keine Papiere kontrolliert, Freizügigkeit ist normal. Wenn auch auf dem Balkan die Grenzen so durchlässig sind, brauchen wir kein Großalbanien. Interview: Barbara Oertel