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„Wer sein Fahrrad liebt ...“

■ Für die Sanierung von Bremens Radwegen ist kaum mehr Geld da / Damit verkehrt sich die in der StVO verbesserte Stellung für RadlerInnen komplett ins Gegenteil

Bremens RadlerInnen müssen sich auf Rückschläge auf den hiesigen Fahrradwegen gefaßt machen. Durch die Haushaltsschieflage kann eine Änderung der Straßenverkehrsordnung (StVO) nur fragmentarisch umgesetzt werden. Dadurch kehren sich Verbesserungen für die Sicherheit von RadfahrerInnen mehr oder weniger „ins Gegenteil um“, interpretiert die verkehrspolitische Sprecherin der Grünen, Karin Krusche, das Resultat einer Senatsantwort auf eine kleine Anfrage der Bremer Grünen. Sie spricht von einem „künftigen Sanierungsfall der Ex-Radfahrstadt Bremen“.

Dabei sollte eigentlich alles besser werden. In den StVO-Änderungen ist eine neue Breite von mindestens 1,5 Metern festgelegt. Zudem sind einige qualitative Standards vorgeschrieben. Das stellt die Bremer Baubehörde aber vor echte Kostenprobleme (wir berichteten). Laut Sprecher Thomas Wedrich muß zum einen eine Fristverlängerung beantragt werden, da zur Zeit noch die 650 Kilometer Radwege überprüft werden. Zum anderen hängt der Haushaltssegen schief.

Darum ist nach Antwort des Senats auf die Grünenanfrage davon auszugehen, „daß alle Radwege in Tempo-30-Zonen künftig nicht beschildert werden und in der Regel auch nicht erneuert werden“. Doch auch für die anderen Radelstraßen gilt: Die Unterhaltungs- beziehungsweise Sanierungsmittel werden nicht aufgestockt, obwohl sie jetzt schon „eng bemessen“ sind.

Grundsätzlich sei von mehreren Punkten auszugehen: Überprüft werden nur noch Radwege an Straßen, auf denen mehr als 50 Stundenkilometer gefahren werden darf. Dort wird dann untersucht, ob die Verkehrssicherheit eine Benutzungspflicht und damit die entsprechende Beschilderung des Radweges erforderlich ist. Nur dann werden auch die entsprechenden Sanierungsmittel einkalkuliert. Dasselbe gilt für „Innerortsstraßen bei Verkehrsstärken über 10.000 Kfz/Tag und einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50km/h“. Ansonsten wird den RadlerInnen nur noch Tribut gezollt, wenn viele Lkw rollen.

Schuld an der Misere sind aber nicht alleine das leere Haushaltssäckel und die kurze Umsetzungszeit monieren die Grünen und der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC). Nach Angaben der Radler-Lobby ist die Baubehörde zum Teil selbst schuld, weil noch bis heute Radwege angelegt würden, die nicht der neuen, vorgeschriebenen Breite entsprechen. „Jetzt hat die verschlafene Verwaltung ein Problem“, heißt es aus den Reihen des ADFC.

Und Karin Krusche von den Grünen sieht sich künftig in Tempo-30-Zonen schieben. „Dort sind teilweise Schwellen, um die Autofahrer zu bremsen. Wenn dort die Radwege jetzt verwahrlosen, müssen die Radler auch über diese Schwellen fahren. Mit einem Kind oder Einkäufen auf dem Gepäckträger wird dies aber ziemlich gefährlich.“ Zudem ist sie verärgert, daß nach den Änderungen der StVO zugunsten der RadfahrerInnen, das Budget nicht angepaßt wird über Mittel für die Straßensanierung.

Die Verkehrsexpertin der SPD, Barbara Klöpper, sieht das Problem allein bei der Finanzlage. „Wo nichts ist, gibt es auch nichts umzuschichten“, sagt sie. Obendrein: „Auch die Straßen sind nicht in bestem Zustand.“ Und in Tempo-30-Zonen sei eine Verlagerung der RadlerInnen auf die Straße nicht völlig kontraproduktiv, da so AutofahrerInnen zum Langsamfahren gezwungen würden.

Helmut Pflugradt, verkehrspolitischer Sprecher der CDU, sagt dazu: „Ich bin überzeugt davon, daß bei Straßensanierungen auch die Radwege mit berücksichtigt werden. Alles andere wäre Unsinn. Die Ausführungen in der Senatsantwort beziehen sich hauptsächlich auf die Änderungen gemäß der neuen StVO. Das heißt, daß etwa an Tempo-30-Zonen die Radwege jetzt nicht verwahrlosen, sondern nur nicht sofort verbreitert werden.“ Jens Tittmann

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