: Handelskammer down by law?
■ Personalrat der Handelskammer klagt gegen das eigene Präsidium / ArbeitnehmerInnenvertretung will Mitspracherecht über Haushalt und Stellenpläne / Verwaltungsleiter mauert nach wie vor
Im Haus Schütting hängt der Haussegen schief. Die Oberen der Bremer Handelskammer liegen seit Monaten in heftigem Clinch mit den VertreterInnen ihrer Belegschaft. Es geht um die Frage, in welcher Form der Personalrat mitwirken darf, wenn Haushalt und Stellenpläne aufgestellt werden. Der Streit eskalierte soweit, daß sich Personalrätin Beate Sauer und Verwaltungsleiter Günther Lübbe gestern vor dem Verwaltungsgericht trafen.
„Wir wollen mit der Klage auch erreichen, daß die Herren aus dem Präsidium sehen, es gibt in der Kammer eine engagierte Personalvertretung“, begründet Frau Bauer auf taz-Nachfrage. Hinter vorgehaltener Hand klagen Kammer-Mitarbeiter schon lange über eine „Führung nach Gutsherrenart“.
Von Alters her war es in der Vertretung von Bremens rund 20.000 Unternehmen üblich, Personalräte nur mündlich über die Verteilung des 18-Millionen-Mark-Budgets zu unterrichten. „Da hat es nie Probleme gegeben“, sagt Verwaltungsleiter Lübbe. Als vor zwei Jahren ein neuer Personalrat gewählt wurde, verlangten Frau Sauer und ihre drei Kollegen ihre Mitwirkungsrechte. Daß die Kammer-Chefs der Vertretung von 89 MitarbeiterInnen im vergangenen Jahr den Haushaltsentwurf schriftlich zukommen ließ, stellte die ehemalige Frauenbeauftragte der Kammer nicht zufrieden. Sie verlangte in mehreren Briefen an die Geschäftsführung, im entscheidenden Gremium mitreden zu dürfen, wie es ihrer Ansicht nach dem Bremischen Personalvertretungsgesetz entspricht.
Nun ist dieser sogenannte Haushaltsausschuß jedoch personenidentisch mit dem Präsidium der Kammer. Die ehrenamtlichen Kammer-Chefs um den derzeitigen Präses Bernd Hockemeyer segnen den Entwurf ab, den das Plenum, das Parlament der Handelskammer, dann beschließt.
Eine Teilnahme der Personalvertreter an den Sitzungen des Präsidiums wollte die Geschäftsführung aber partout nicht zulassen. „Man will nicht, daß das Präsidium den Personalrat begrüßen muß“, sagt Rechtsanwalt Klaus Richter und wirft der Kammer „schäbige Methoden“ vor. „Sie glauben doch nicht, daß diese honorigen Kaufleute Betroffene nicht anhören“, kontert Verwaltungsleiter Lübbe. „Ich bin nie dorthin gekommen“, erwidert Frau Sauer, „die Tür wurde zugeschlagen“.
Lübbe bietet jetzt dem Personalrat an, eine gemeinsame Kommission zu bilden, die vor den Sitzungen des Haushaltsausschuß/Präsidiums die einzelnen Posten durchgeht. Im Präsidium werde sowieso nicht mehr über Details im Haushalt gesprochen. Lübbe vermutet, daß es der Personalrätin Sauer allein darum gehe, die Handelskammer vorzuführen.
In der Anhörung vor dem Verwaltungsgericht schälte sich heraus, daß das Präsidum nach geltendem Recht die Personalräte wohl anhören muß, wenn damit nicht eine Teilnahme an der gesamten Sitzung verbunden wäre. „Würde das Präsidium dieses Recht verweigern?“, fragte der Richter Jürgen Klose, um den Streit auch ohne Urteil aus der Welt schaffen zu können. Er könne nicht für das Präsidium sprechen, sagte Lübbe. „Sie müssen doch nicht das Präsidium fragen, ob das Präsidium sich an die Gesetze halten will“, entfuhr es Rechtsanwalt Richter. Jetzt hat die Kammer zwei Wochen Zeit, um das Votum ihrer Oberen mitzuteilen. Wollen die Herren die Personalräte nicht anhören, muß das Gericht ein Urteil fällen. Joachim Fahrun
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