piwik no script img

Tempolimit

■ betr.: „Von Verzicht und Maßhal ten“, taz vom 6. 7. 98

Ich verstehe wirklich nicht, warum Ihr in immer größerem Umfang die Kampagnen der Boulevardpresse mitmacht.

Daß die Springer-Presse von Zeit zu Zeit grüne und linke PolitikerInnen „vorführt“, ist seit Jahrzehnten schlechter Brauch, insbesondere in der Sommerpause. Daß die Kirch-Sender und Pastor Hintze da mitziehen, ist auch selbstverständlich. Was soll also die Aufforderung an die Grünen, deshalb auf sinnvolle (Minimal-)Forderungen zu verzichten? Glaubt Ihr denn im Ernst, der/die grüne DurchschnittswählerIn (wozu auch ich mich rechne) nutzt primär Springer, Sat.1 etc. als Medium und nimmt die dortigen Kommentare ernst? Ich nehme vielmehr wahr, daß die Grünen unter fast jedem laut und unsachlich genug vorgebrachten Anwurf einknicken, statt die Unsachlichkeit und Inhaltslosigkeit der anderen zu thematisieren. [...] Holger Spielmann, Boerde

Kanzlerkandidat Schröder (SPD) möchte von einem Tempolimit gar nichts wissen. Auch Parl.Geschäftsführer Struck sieht darin keine Koalitions-Verhandlungsmasse. Geschäftsführer Müntefering denkt immerhin an Tempo 160. In der Vergangenheit vertrat die SPD allerdings einen ganz anderen, geradezu grünen Standpunkt – und dies wurde in einer Kampagne nebst aufwendiger Broschüre auch offensiv vertreten. Schon vergessen?

Für Pkw ist eine europäische Lösung umzusetzen, die für Autobahnen 120 km/h (...) vorsieht. Für Wohngebiete ist (...) die Höchstgeschwindigkeit generell auf 30 km/h und für Vorfahrtstraßen auf 50 km/h zu begrenzen. (...) Trotz der Verhinderung dieser Lösung durch die Bundesregierung...“ etc. (Quelle: SPD-Bundestagsfraktion, Parl. Geschäftsführer Müntefering, MdB (Hg.). verkehr 2000. 48 Seiten, Bonn, 1992) Axel Keimling, Velbert

Die Grünen fordern Tempolimits, und Schröder wirft ihnen eine „vermehrte Lust am Untergang“ vor. Welchen Untergang meint er? Offensichtlich nicht den Untergang der Küstenregionen, die durch Treibhauseffekt und steigenden Meeresspiegel bedroht sind. Auch nicht den Untergang der Menschheit, riskiert durch hemmunglsosen Energieverbrauch oder unkontrollierbare Atomwirtschaft. Nein, er redet natürlich nur vom Untergang einer Partei, die mit ihren Vorschlägen vor größeren Untergängen bewahren will. Wenn dies nicht plumpe Politrhetorik ist, beweist er damit, daß er sich geistig vor allem in politischen Machtsystemen bewegen kann. Bleibt nur zu hoffen, daß ihm die Grünen nach der Wahl als Berater für größere Zusammenhänge zur Verfügung stehen. Sonst könnte der Untergang irgendwann tiefer werden. Marco Walter, Konstanz

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen