Bakterien sollen Abgase killen

■ Hamburger Forscher haben ein biologisches Modell zur Schadstoffvernichtung in der Luft entwickelt. Stickstoffmonoxide in Tunneln werden künftig von Mikroorganismen geschluckt

Hamburg (taz) – Die Killerbakterien sind los. Ihr wissenschaftlicher Name: Methylobacterium fujisawaense. Ihre Opfer: Stickstoffmonoxide oder Kohlendioxide, also gesundheits- und umweltbelastende Abgase aus Fahrzeugen, die bislang die Luft in Straßentunneln und Parkhäusern verpesteten. Ihr erster Einsatzort: der Hamburger Elbtunnel, der knapp drei Kilometer lange Streckenabschnitt der Autobahn 7, der den Fluß unterquert. Dort präsentierten Forscher der Hamburger Universität gestern eine Pilotanlage zur biologischen Abluftreinigung. Die winzigen Bakterien ernähren sich von den Abgasen. Zunächst wird die Luft aus dem Elbtunnel von einem Ventilator angesaugt und in die Reinigungsanlage geleitet. Dort befreien Elektrofilter sie von Staub und Ruß. Dann kommen die Bioreaktoren zum Einsatz: Die Luft strömt durch Hohlfasermembran-Module, an deren äußerer Hülle die Bakterien hocken und die Abgase auffressen. Die Luft ist wieder sauber, die Mikroorganismen werden immer fetter, bis sie sterben und ins Abwasser gespült werden.

„Das ist kein Problem“, so der Mikrobiologe Michael Hinz. Die Bakterien seien „weder gentechnisch manipuliert noch krankheitserregend“. Seit sieben Jahren tüfteln die Forscher der Uni Hamburg an der Pilotanlage. „Es war schwierig, Bakterienstämme zu entdecken, die Stickstoffoxide abbauen“, sagte Hinz. Fündig wurden die Biologen schließlich an Häuserwänden – dort klebt Methylobacterium fujisawaense in Massen. Zehn Millionen Mark haben Bund und Land Hamburg seit 1991 in das Projekt gesteckt. Die Pilotanlage, die allein 1,5 Millionen Mark gekostet hat, kann fünf Kubikmeter Luft pro Stunde reinigen. Für den Einsatz in Tunneln werden jedoch Kapazitäten von 200.000 bis zu einer Million Kubikmeter pro Stunde benötigt. Allein in den drei Elbtunnelröhren entstehen stündlich 1,5 Millionen Kubikmeter Abluft. Bislang wird diese schlechte Luft alle zwölf Minuten ausgetauscht.

Die Schadstoffe gelangen aber durch die Lüftungsanlagen lediglich ins Freie, vernichtet werden sie nicht. Die Forscher hoffen, daß „vielleicht schon gegen Jahresende“ mit der Serienproduktion der biologischen Reinigungsanlagen begonnen werden kann. Anfragen aus Norwegen und dem süddeutschen Raum sollen schon vorliegen. Heike Haarhoff