: Zauberformel Quartiersmanagement
Stadtentwicklungssenator Strieder diskutierte im Deutschen Architekturzentrum über Modelle gegen die „soziale Spaltung“. Offen blieb, wer die neuen Aufgaben eines Quartiersmanagers wie und in wessen Sinne wahrnehmen soll ■ Von Uwe Rada
Verarmung von innen nennt die Kreuzberger Sozialstadträtin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) die Entwicklung der Berliner Innenstadt. Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) hat „problembehaftete Gebiete“ ausgemacht – als Ergebnis des Gutachtens zur sozialen Stadtentwicklung, das der Soziologe Hartmut Häußermann im Januar vorgelegt hatte. Der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) organisiert in loser wie folgenloser Reihenfolge Innenstadtkonferenzen. Kein Zweifel: Die Lage in den Innenstadtquartieren und den Siedlungen des sozialen Wohnungsbaus ist ernst. Aber ist sie auch hoffnungslos?
Um Modelle gegen eine „soziale Spaltung der Stadt“ zu diskutieren, hatte Strieder am Dienstag abend im Rahmen der Veranstaltungsreihe „StadtProjekte“ ins Deutsche Architekturzentrum geladen. Sosehr die Diskussionsteilnehmer – neben Junge-Reyer und Strieder auch der Hamburger Wirtschaftssenator Thomas Mirow (SPD), Armin Hentschel vom Berliner Mieterverein und Nurdan Kütük vom Türkischen Bund – sich über die Notwendigkeit eines Quartiersmanagements einig waren, so unterschiedlich waren doch die Vorstellungen, wer da etwas in wessen Sinne managen solle.
Während Strieder sich vor allem dafür aussprach, die soziale Mischung in den Problemgebieten zu verbessern sowie die „Stellvertreterpolitik der achtziger Jahre“ hinter sich zu lassen, erinnerte Armin Hentschel an einen ganz anderen „Konsens der achtziger Jahre“. „Damals“, so Hentschel, „waren wir uns einig, nicht die Mischung zu verbessern, sondern die Menschen dort abzuholen, wo sie stehen.“ Auch heute müsse es deshalb darum gehen, die Lebensbedingungen derer zu verbessern, die in den Gebieten wohnen.
Daß die Armut in Kreuzberg oder Neukölln nicht nur das Ergebnis von Abwanderung, sondern einer allgemeinen Abwärtsentwicklung in der gesamten Stadt ist, betonte die Kreuzberger Sozialstadträtin. Gleichwohl unterstütze Ingeborg Junge-Reyer Strieders Plädoyer für die Einrichtung von Quartiersmanagern. Entscheidend war für Junge-Reyer aber nicht nur, wer der Adressat einer solchen lokalen Intervention ist. Vielmehr gehe es auch darum, die verschiedenen Aktivitäten innerhalb der einzelnen Ressorts zu koordinieren. Darüber hinaus sprach sich die Sozialstadträtin dafür aus, staatliche Gelder deutlich stärker als bisher an nachbarschaftsorientierte Projekte zu vergeben.
Insgesamt zwei Millionen Mark jährlich sollen in den kommenden drei Jahren für die Einrichtung und die Arbeit der Quartiersmanager zur Verfügung stehen, freute sich Stadtentwicklungssenator Strieder. Ob die Freude allerdings im Sinne der betroffenen Bewohner ist, ist noch nicht ausgemacht. Immerhin weiß, trotz allen Management-Vokabulars, die eine Seite des Senats noch immer nicht, was die andere gerade tut. So beklagte eine Vertreterin der Bauverwaltung, daß schon jetzt fünf Millionen Mark für Neubausiedlungen zur Verfügung stünden, für die es allerdings kaum Nachfrage gebe. So fiel das Fazit des bündnisgrünen Sozialpolitikers Michael Haberkorn nicht allzu optimistisch aus: „Ohne eine Steuerungsrunde im Senat, die die Aufgaben und Mittelvergabe koordiniert, wurschtelt jeder weiter vor sich hin.“
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