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■ Die Anderen"Die Presse" (Wien), "Corriere della Sera" (Mailand), "La Stampa" (Turin) und "Der Bund" (Bern) schreiben zum aktuellen Thema um die Rechtschreibereform

„Die Presse“ (Wien) meint zum Streit um die Rechtschreibreform: Ein Blick zurück in die Schreckensgeschichte unseres Jahrhunderts – und gerade in die deutsche – lehrt: Verwaltungsinstanzen sind weder vor Unsinn noch vor Inhumanität gefeit. Wenn die Karlsruher Richter nun auch festschreiben, daß der „Erziehungsauftrag des Staates dem elterlichen Erziehungsrecht nicht nach-, sondern gleichgeordnet ist“, bleiben sie wohl auf dem Boden des Gesetzes; sie provozieren aber Ängste und böse Erinnerungen – auch an die DDR. Die Karlsruher Richter ließen durchblicken, die „Reform“ verlange nicht nach einem Gesetzesbeschluß, weil ihr Ausmaß gering sei. Das hieße aber, andersherum gesagt, daß man sie ohnehin nicht wirklich braucht. Außer man hätte ganz spezielle Erwerbsinteressen daran. Schämt sich wer?

„Corriere della Sera“ (Mailand) meint dazu: Wahrscheinlich kochen sie sie auch weiterhin zu lange und servieren sie mit Soße und Oliven, aber in den italienischen Restaurants in Deutschland handelt es sich künftig um „Spagetti“ und nicht mehr „Spaghetti“. Vielleicht, so wendet ein liberaler Politiker schüchtern ein, wäre es besser, wenn der Staat keine Gesetze erläßt, wenn es ohne geht. Aber Entschuldigung, meine Herren, wir sind in Deutschland. Und Ordnung ist das Leben, ein inneres Bedürfnis. Auch denn, wenn es darum geht, ob man „Zuccini“ oder „Zucchini“ schreibt.

Deutsche Sprache, schwere Sprache, meint „La Stampa“ (Turin) zum aktuellen Streit um die Rechtschreibreform: Wie man schon immer sagt: deutsche Sprache, schwere Sprache. Eine Orthographie, die selbst für die Deutschen ekelhaft schwer ist, die seit nunmehr 20 Jahren darüber diskutieren, wie man sie einfacher machen kann, aber vor allem auch darüber diskutieren, ob man dies denn wirklich tun soll. Die Intellektuellen und Germanisten, deren leuchtendes Beispiel in dieser Sache Günter Grass ist, haben immer schon nein gesagt. Jetzt hat das Bundesverfassungsgericht sein Ja zur Reform gegeben. Aber dennoch: Deutsch bleibt nach wie vor eine vornehm- schwierige Sprache.

„Der Bund“ (Bern) schreibt zum gleichen Thema: Die Rechtschreibreform ist nun wohl nicht mehr aufzuhalten! Zwar steht nun noch die Volksbefragung in Schleswig-Holstein von Ende September bevor. Doch die Hoffnung der Reformgegner ist unrealistisch, die Norddeutschen vermöchten das Sprachpaket aufzuschnüren. Obwohl in breiten Bevölkerungskreisen des deutschsprachigen Raums virulente Abneigung bekundet worden ist, wird nun die Reform ihre Gültigkeit haben. Sie konfrontiert uns mit einigen sinnvollen, aber auch einigen eher fragwürdigen Neuerungen. Irgendwann werden sie sich eingebürgert haben, so wie jene aus dem Jahr 1901, und der großmehrheitliche Ärger wird abklingen.

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