: Platte Reime für den Wechsel
■ Die SPD will an die Macht: Mit Blues, Jazz, Punk, HipHop und Gothic Rock will die Partei eine "Wechselstimmung" heraufbeschwören. Am 15. August wird der SPD-Wahlkampf-Hit gewählt.
Einen Wahlkampf-Hit für den Wechsel sucht das Junge Wahlkampfteam der SPD. Songs, die die Wähler in „Wechselstimmung“ versetzen. 25 Einsendungen von hoffnungsvollen Jungmusikern und einigen Profibands trafen nach der Ausschreibung im Januar ein. Etliche der 14 Politlieder, die in die engere Wahl kamen, werden aber allenfalls ein Wechselbad der Gefühle auslösen. Eine Kostprobe: „Ein Land seit vielen Jahren / in tiefer Dunkelheit / hörst du Nürnbergs Zahlen / frage nicht, wie kam's so weit“, heißt es in „Schneewittchen wach auf“. Nach so dramatisch-resignativen Liedzeilen verspricht der Refrain der Schülerband „Scavenger“ dann den Aufbruch: „Wir werden handeln / das Land verwandeln / und es kann wieder richtig aufwärtsgehen.“
Das Texten eines Wahlkampfschlagers ist zugegebenermaßen eine knifflige Aufgabe: „Das Wort SPD kommt natürlich vor, soll aber nicht überrumpeln“, meint Martin Liedtke von der Technoband „Marph“. Der 19jährige Schüler wollte „ein Lied für meine Generation schreiben“. „We are the new generation“, appelliert er an seine AltersgenossInnen (!), ihr Kreuzchen an der richtigen Stelle zu machen. Liedtke, der fünf Jahre im Leipziger Thomanerchor gesungen hat, Live-Auftritte in der Raveszene und „manchmal auch bei den Jusos“ vorweisen kann, freut sich: „Nun kann ich meine Musik für eine gute Sache einsetzen.“
Musikalisch geht es bei den 14 Songs querbeet, von Jazz, Pop, HipHop bis zum Gothic Rock ist alles dabei. Das „Johnny Prophet Duo“ fordert zu Punkmusik auf: „Wähl auch du“, und „Fishpolice“ erzählt die Geschichte von Frau Meier, die den Wechsel will, weil sie von der Treuhand übers Ohr gehauen wurde. Und ist es Zufall, daß die Band „Ja!“ den Song „Wir sind Sozis“ mit Bluesmusik unterlegt?
Auch wenn die Texte mit den Protestsongs der 70er Jahre wenig gemein haben, vertraut das Junge Wahlkampfteam voll auf den Musikgeschmack der 68er-Generation. In der Jury, die bei einem Konzert am 15. August den Sieger küren wird, sitzt unter anderem SPD-Vizechef Chef Klaus-Uwe Benneter. Dem Sieger winken 2.000 Mark, und alle 14 Teilnehmer werden auf einer CD verewigt, die dann an SPD-Wahlkampfständen und bei Veranstaltungen gespielt werden soll. Das Abschiedslied für Helmut Kohl singt das Junge Wahlkampfteam darauf selbst: „Auf Wiedersehen, mein Dickerchen.“ Dorothee Winden
Das Konzert findet am 15. August ab 19 Uhr im Weiten Theater in Hellersdorf, Schkeuditzer Str. 3 statt (U-Bhf. Louis-Lewin-Str.); Karten unter Tel. 46 92-2 09
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
