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Stilles Gedenken unter Militärschutz

Vor 22 Jahren annektierte Indonesien Ost-Timor. Nobelpreisträger Belo kritisiert das brutale Regime und fordert ein Referendum. Derweil hoffen viele Osttimoresen unter Präsident Habibie auf eine Konfliktlösung  ■ Von Jutta Lietsch

Bangkok (taz) – Die Feier war kurz und bescheiden: Nur etwa fünfhundert Beamte und Soldaten waren dabei, als der Gouverneur von Ost-Timor, Soares, gestern an die Annexion der ehemaligen portugiesischen Kolonie durch Indonesien vor 22 Jahren erinnerte. Wie ausgestorben wirkten die Straßen der Hauptstadt Dili. Nur Soldaten und viele verriegelte Geschäfte verrieten die Furcht vor antiindonesischen Demonstrationen. Angst vor Racheakten hatten vor allem die indonesischen Zuwanderer, die sich seit der Besetzung 1975 in Ost-Timor angesiedelt haben. Zehntausende waren in den letzten Tagen auf die Inseln Java und Sumatra geflüchtet.

Der Bischof von Dili und Friedensnobelpreisträger, Carlos Felipe Belo, hatte am Vorabend des Jahrestages die Regierung erneut aufgefordert, die Bewohner Ost- Timors in einem Referendum über ihr Schicksal entscheiden zu lassen. Belo wiederholte seine Kritik am brutalen Regime der indonesischen Militärs in Ost-Timor, unter deren Herrschaft bis zu 200.000 Menschen umgekommen sind: Seit mehr als zwei Jahrzehnten hätten indonesische Soldaten systematisch Frauen vergewaltigt, um die Bevölkerung zu terrorisieren. „Darum akzeptieren die Osttimoresen die Integration nicht.“ Jakarta lehnte bislang jede Forderung nach Selbstbestimmung ab.

Unter dem neuen Präsidenten Habibie haben viele Osttimoresen neue Hoffnung geschöpft. Habibie ließ gleich nach Amtsantritt zahlreiche osttimoresische Häftlinge frei und bot Ost-Timor ein vages „Sonderstatut“ an. Auf der anderen Seite reagierte der exilierte Unabhängigkeitsaktivist und Belos Co-Friedensnobelpreisträger, Jose Ramos-Horta, kompromißbereit. Man könne über einen Sonderstatus reden, wenn die Regierung innerhalb von fünf Jahren ein Referendum zulasse.

Wie groß das Interesse der indonesischen Regierung an einem Ende des Konflikts ist, spürt auch der zu 20 Jahren Haft verurteilte Führer der Befreiungsbewegung Fretilin, Xanana Gusmao. Gestern besuchte ihn Bischof Belo, nachdem schon ein anderer hoher Gast da war: der UNO-Sonderbotschafter für Ost-Timor, Jamsheed Marker.

Die UNO hat die Annexion Ost-Timors durch Jakarta nie anerkannt. Marker versucht seit Jahren, die Ex-Kolonialmacht Portugal und Indonesien zu einer Einigung über Ost-Timor zu bewegen. Für August kündigte Außenminister Ali Alatas die nächsten Verhandlungen an. Ob der UNO- Mann nächste Woche nach Dili weiterreist, ist unklar. Osttimoresische Studenten kündigten Demonstrationen für die Unabhängigkeit an, wenn Marker kommt.

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