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Wissmann: Marketing statt kurzer Fahrplan

■ Verkehrsminister kritisiert DB-Strategie. Bahnchef Ludewig spricht von Denkmodellen

Frankfurt/Main (dpa/AP/taz) – Nach dem Wirbel um Kürzungspläne im Bahnverkehr hat Bundesverkehrsminister Matthias Wissmann (CDU) von der Deutschen Bahn AG eine „Vorwärtsstrategie“ verlangt. „Es ist besser, man macht mit attraktiven Preisen und gutem Marketing halbleere Züge voll, als Zugverbindungen zu streichen“, sagte Wissmann der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Das Streichen einer Verbindung könne nur die „Ultima ratio“ sein, wenn der Betrieb wirklich völlig unwirtschaftlich sei. Vergangene Woche war bekannt geworden, daß die Bahn die Streichung von etwa 20 Prozent der Fernverkehrszüge plante.

Wissmann versicherte, die Bahn müsse ihren Gewinn aus dem vergangenen Jahr von rund 600 Millionen Mark nicht an Bundesfinanzminister Theo Waigel (CSU) abführen. „Der Gewinn des Jahres 1997 bleibt voll der Bahn erhalten.“ Auch eine vorzeitige Rückzahlung von Darlehen sei nicht vorgesehen.

Bahnchef Johannes Ludewig warf seinen Kritikern vor, das Thema als Wahlkampfmunition zu mißbrauchen. In einem Brief an den Vorsitzenden des Bundestagsverkehrsausschusses, Dionys Jobst, verteidigte er die Überlegungen, „unsinnige Parallelverkehre“ und schlecht ausgelastete Verbindungen auf den Prüfstand zu stellen. Entschieden sei aber noch nichts, versicherte er in der Welt am Sonntag. „Die zuständigen Mitarbeiter haben geprüft, wo es zu Überschneidungen zwischen Nah- und Fernverkehr kommt, und diese Verbindungen in einer Liste zusammengefaßt.“

Zu den ebenfalls bekannt gewordenen internen Überlegungen, in Spitzenzeiten die Preise anzuheben, sagte Ludewig: „Das sind alles nur Denkmodelle. Allerdings bieten wir schon heute günstige Preise zu nachfrageschwachen Zeiten.“

Die Eisenbahnergewerkschaft GdED interpretierte die Äußerungen des Bahnchefs als „geordneten Rückzug“. Ihr Vorsitzender Rudi Schäfer sagte gegenüber der Nachrichtenagentur AP, die Bahn habe einen großen Fehler gemacht. Ludewig habe unüberlegt gehandelt. So habe er nicht bedacht, daß beispielsweise in Rheinland-Pfalz das ganze System des vertakteten Fahrplans zusammenbrechen würde. In Hessen beispielsweise könnten Interregios gar nicht gestrichen werden, weil die Verbindungen in den Verträgen des Nahverkehrs festgeschrieben seien.

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