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Noch immer werden Tausende vermißt

In Papua-Neuguinea rechnen die Behörden jetzt mit über 3.000 Toten durch die verheerende Flutkatastrophe. Die Hilfsmaßnahmen haben begonnen, doch die Bevölkerung hat Angst vor neuer Springflut und Seuchen  ■ Von Jördis Heer

Berlin (taz) – Wahrscheinlich sind über 3.000 Menschen bei der Flutkatastrophe in Papua-Neuguinea ums Leben gekommen und nicht 1.000, wie die Behörden zunächst angenommen hatten. Bis gestern wurden bereits 1.000 Tote geborgen. Die Behörden in der an die Katastrophenregion angrenzenden Provinhauptstadt Aitape an der Nordwestküste des Landes revidierten inzwischen ihre Schätzung der Opferzahlen. Noch immer werden Tausende Menschen vermißt. In der Lagune von Sissano treiben weiterhin unzählige Leichen. „Der Gestank des Todes ist überwältigend“, sagte der Provinzgouverneur John Tekwie. Wegen der großen Hitze und der verwesenden Leichen werden Seuchen befürchtet.

Eine zehn Meter hohe Flutwelle hatte am Freitag abend sieben Dörfer und ihre Einwohner in die Lagune westlich von Aitape gespült. Viele der Opfer seien Kinder, die nicht kräftig genug waren, auf Palmen zu klettern oder vor den bis zu zehn Meter hohen Wellen davonzulaufen, sagte ein katholischer Priester. 6.000 Menschen wurden obdachlos. Vor der Springflut lebten 8.000 bis 12.000 Menschen in dem 25 Kilometer langen Katastrophengebiet. Viele Überlebende haben sich inzwischen aus Angst vor einer zweiten Flutwelle in die Bergregionen zurückgezogen. Die Menschen seien sehr verstört, weil es in den vergangenen Tagen 22 Erdbeben gegeben habe, sagte ein Katastrophenschützer dem australischen Rundfunkt ABC.

Die Bergung der Opfer und die Versorgung der Verletzten gestaltet sich in der abgelegenen Region äußerst schwierig. Der Zugang zu dem völlig zerstörten Küstenstreifen ist nur per Hubschrauber oder mit Schiffen möglich. Diese müssen sich mühsam einen Weg durch Treibgut und verwesende Leichen bahnen. Im Krankenhaus von Aitape, in dem 500 Verletzte behandelt werden, fehlen Antibiotika, Verbandsmaterial und Blutspenden. Viele Überlebende erlitten Knochenbrüche oder schwere innere Verletzungen. Unterdessen traf ein 60köpfiges australisches Ärzteteam mit einem Feldlazarett ein. Lebensmittellieferungen und Hilfsteams wurden gestern auch aus Japan, Neuseeland, Frankreich und Süd-Korea erwartet.

Flutwellen wie die vom vergangenen Freitag werden als Tsunami, dem japanischen Ausdruck für große Welle im Hafen, bezeichnet. Tsunamis werden von Erdbeben, Erdrutschen oder Vulkanausbrüchen unter der Wasseroberfläche verursacht und können sich auf ihrem Weg zur Küste bis zu einer Höhe von 35 Metern aufbauen. An den Küsten des Pazifiks besteht das größte Tsunami-Risiko. Eine halbe Stunde vor der Flutkatastrophe hatte sich vor der betroffenen Küste 20 Kilometer unterhalb der Meeresbodens ein Erdbeben mit der Stärke 7 auf der Richter-Skala ereignet. Es gab keine Möglichkeit, die gefährdete Bevölkerung vor der herannahenden Flut zu warnen.

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