: Auf der Suche nach Profil und Bewegung
■ Walter Momper, Peter Strieder, Klaus Böger – die traditionell zerstrittene Berliner SPD sucht einen Bürgermeisterkandidaten
Zur Mittagszeit erreichte Peter Strieder seine absoluten Spitzenwerte. 51 Prozent der Bild-LeserInnen der Hauptstadt sprachen sich anläßlich des SPD-Parteitags im Juni für Berlins Stadtentwicklungssenator als Spitzenkandidat für den Posten des Regierenden Bürgermeisters aus; gewählt wird in Berlin im Herbst 1999.
Er ist populär, der umtriebige Parteilinke. Nur in seiner eigenen Partei kann er sich nicht so sicher sein. Man könne ja mal den Rechnungshof bitten, die Telefonrechnungen im Hause Strieder zu überprüfen, munkelten ParteigenossInnen, die dem Ergebnis der telefonischen Abstimmung nicht so recht trauen wollten. Seinen Gegnern gilt er als Chaot, seinen Unterstützern als einzig moderne Option der Berliner SPD. „Peter Strieder stellt das moderne, das kommunikative Element dar“, wird da gelobt, „er erfaßt den Zeitgeist.“
Bis zur Bundestagswahl, das gilt auch in der SPD, darf es keine Unruhe geben. Nach dem 27. September heißt es dann aber: „Ring frei“. Und die SPD, die in den letzten Wahlkampf 1994 mit der inzwischen in den Hintergrund getretenen Spitzenkandidatin Ingrid Stahmer gezogen war, befindet sich dann mitten in einer schwierigen Profilsuche.
Peter Strieder ist nur einer von drei möglichen SPD-Spitzenkandidaten in Berlin, über die Anfang kommenden Jahres entschieden wird. Neben Strieder ziehen, das ist bereits abzusehen, zwei andere Kandidaten ins Feld: der Fraktionschef der SPD im Preußischen Landtag, Klaus Böger, und einer, der die SPD schon einmal angeführt hat: der ehemalige Regierende Bürgermeister Walter Momper. Strieder steht für die linke Option, Böger wird aus dem rechten Parteilager entsandt. Und Momper? „Momper versammelt die, die sich endlich wieder Profil und Bewegung für die SPD wünschen“, so eine Sozialdemokratin.
Mit kurzer Unterbrechung einer eineinhalb Jahre währenden rot-grünen Koalition regiert die CDU und an ihrer Spitze der Landesvorsitzende Eberhard Diepgen seit 1984 das Berliner Rathaus. Die CDU ist, wie es der Regierende gegen innerparteiliche Umsturzversuche nicht müde wird zu betonen, „eine liberale Großstadtpartei“.
Sich vom diesem Konzept abzusetzen, fällt der Berliner Sozialdemokratie nicht gerade leicht. Seit zwei Jahren profiliert sich die SPD auf einem ganz neuen Feld: der Privatisierungs- und Konsolidierungspolitik. 1996 hat Klaus Böger Annette Fugmann-Heesing an die Spree geholt. Gemeinsam mit Böger und dem Landesparteivorstand kämpft Berlins Finanzsenatorin um eine Modernisierung der SPD. Modernisierung aber dekliniert sich in ihrem Sinne: „Abschied von der Subventionsmentalität“. Übersetzt heißt das nichts anderes als: Genossen, ihr müßt euch ändern. Eine Botschaft, die in der traditionell zerstrittenen Berliner SPD auf ein durchaus geteiltes Echo stößt.
Während so mancher Sozialdemokrat inzwischen mit dem Umzug der Bonner nach Berlin auf frischen Wind und vielleicht einen ganz neuen Spitzenkandidaten hofft, sehen andere die Berliner SPD davon noch weit entfernt. Die parteiinternen Grabenkämpfe, meint der Berliner SPD-Bundestagsabgeordnete Thomas Krüger, seien längst noch nicht überwunden. „Man muß noch einen Reinigungsprozeß durchlaufen“, so Krüger. „Und einen solchen Prozeß kann am ehesten jemand managen, der durchsetzungsfähig ist und Präsenz zeigt. Und der aus der Berliner SPD kommt.“
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