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Der ganz private Müllcontainer

Zwei Abfallentsorger klagen gegen Umweltbehörde: Sie verhindere Müll-Recycling, um ihre Verbrennungsanlagen auszulasten  ■ Von Judith Weber

Zwei Müll-Entsorgungsfirmen wollen sich vor Gericht gegen die Hamburger Abfallpolitik wehren. Unökologisch sei sie, lautet ihr Vorwurf, und außerdem teuer. Heute wird die Firma „Otto Dörner“ beim Verwaltungsgericht Klage gegen die Umweltbehörde einreichen; das Unternehmen „Sanne, Kruse, Pape & Co“ (SPK) will in den nächsten Wochen nachziehen.

Beide Betriebe entsorgen den Abfall von Hamburger Unternehmen; das ist seit 1996 erlaubt. Doch die Firmen finden, daß sie nicht genug Müll bekommen. Mischabfälle beispielsweise landen grundsätzlich bei der Stadtreinigung – dafür genügt schon relativ wenig Plastikfolie zwischen Sägespänen. Außerdem entsorgt die Stadt alles, was nicht direkt in den Betrieben sortiert wird. So schreibt es ein Merkblatt der Umweltbehörde vor.

Dadurch wird Müll verbrannt, der sich auch recyceln ließe, meinen die Firmen. Für die Richtlinien könne es nur einen Grund geben: Die Behörde braucht eine Menge Abfall für ihre Müllverbrennungsanlagen (MVAs). Denn die rentieren sich nur, wenn sie ausgelastet sind. „Noch vor wenigen Jahren hat Umweltsenator Alexander Porschke den Bau neuer Verbrennungsanlagen kritisiert“, sagt Frank Rosenboom, Geschäftsführer bei SKP, „heute versucht er, deren Überkapazitäten zu füllen“.

Dabei könnte mindestens die Hälfte der jährlich 267.000 Tonnen „hausmüllähnlichen Gewerbeabfalls“ in Hamburg recycelt werden, glaubt Enno Simonis, Geschäftsführer der Dörner Containerdienst GmbH, der nicht zuletzt um seinen Umsatz bangt. „Viele Kunden werfen das Handtuch, weil sie durch die unsichere Rechtslage eingeschüchtert wurden“, sagt Firmenanwalt Martin Dieckmann. Und das, obwohl Hamburgs Wirtschaft bei den Privaten jährlich 20 Millionen Mark sparen könne.

Billiger sind die Betriebe zwar, hält Senator Porschke (GAL) dagegen – aber arbeiten sie auch ökologischer? Wenn jeder entsorgen darf, was und wie er will, bleiben Umweltstandards auf der Strecke, fürchtet er. „Es darf keine Pseudo-Verwertung geben. Deshalb muß die staatliche Aufsicht über die Müllverwertung erhalten bleiben.“ Zwar seien „Details des Merkblattes diskussionsfähig“, aber an der Regelung sei nicht zu rütteln.

Gegen einige Details haben die beiden Unternehmen, die nun vor Gericht ziehen, bereits verstoßen. Im April kassierte die Umweltbehörde einen Container der Firma Dörner ein, weil er Holz, Folien und Schrott gemischt enthielt. Die Leerung des Behälters wurde untersagt und Zwangsgeld angedroht.

Die eleganteste Art, solche Probleme zu beseitigen, wäre nach Ansicht von Porschke die Gründung von Entsorgungsverbänden: Einzelne Unternehmensgruppen verpflichten sich, sowohl für die Entsorgung als auch für die Verwertung ihres Mülls zu sorgen. Ob der Hamburger Einzelhandelsverband EHF als bundesweit erste Vereinigung so ein Modell probieren darf, darüber debattiert übermorgen der Aufsichtsrat der Stadtreinigung.

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