: Polierter Kanzler aus Granit
Eine Wochen noch, dann soll das Bismarck-Denkmal auf St. Pauli sauber sein. Ab Montag wird es streng bewacht ■ Von Jochen Metzger
Als normale Denkmalpflege fing es an. Mit Sandstrahlreinigern sollte der Statue des Otto von Bismarck im Alten Elbpark ein angemessen sauberes Festgewand verpaßt werden, pünktlich zum hundertsten Todestag des ehemaligen Kanzlers am 30. Juli. Doch was den Arbeitern unter Vogelscheiße, Graffiti und dem Gammel der Jahrzehnte jetzt entgegenfunkelt, kommt einem historischen Skandal gleich: Der „Eiserne Kanzler“ ist gar nicht aus Eisen, sondern aus gewöhnlichem Granit!
Glücklicherweise ist es kein Steuergeld, das für die Säuberung des knapp 35 Meter hohen Denkmals ausgegeben wurde. Initiiert und bezahlt wird die Reinigung von privater Seite. Der Vietnam-Veteran Henry Randmark hat sich die Aktion ausgedacht. Er ist im Vorstand des „Vereins für Denkmal-Erhaltung“, und besitzt eine Graffiti-Entfernungs-Firma, die nun den Kanzler putzt. Das poliert nicht nur das Denkmal, sondern auch den Ruf des Unternehmers: „Wir haben viele neue Kunden gewonnen“, freut er sich. Da sind die 25.000 Mark, die Randmark zu der Aktion beisteuert, gut angelegt.
Die restlichen Kosten, gut 100.000 Mark, sollen durch Spenden gedeckt werden – theoretisch. Praktisch teilen offenbar nicht alle HamburgerInnen Randmarks Bewunderung für den „großen Staatsmann“ und „Vorgänger von Helmut Kohl“. Trotz einer Sammelaktion hat der Verein noch nicht genug Geld beisammen. „Uns fehlen noch rund 20.000 Mark“, seufzt er. Das müssen die Denkmalfreunde nun aus der Vereinskasse nehmen.
Doch die Putzkolonne hat noch mit anderen Schwierigkeiten zu kämpfen. So wurde über Nacht das Werbeplakat eines Sponsors, einer Hamburger Brauerei, von Unbekannten verbrannt und ein Werkzeugcontainer aufgebrochen. „Die dachten wohl, wir hätten da Bier drin gelagert“, lacht Randmark.
Nicht so lustig findet er, daß frisch gereinigte Flächen nächtens mit neuerlichen Schriftzügen verziert wurden. „Wir werden das Denkmal ab Montag rund um die Uhr bewachen lassen.“ Schließlich soll der saubere Kanzler am kommenden Donnerstag mitsamt einer Reinigungs-Gedenktafel offiziell den BürgerInnen der Stadt Hamburg übergeben werden. Dann wird auch Fürst Ferdinand von Bismarck anwesend sein. Der Urenkel des sandstrahlgereinigten Junkers soll den Festakt leiten.
Bis dahin brauchen die Schmutzentferner dem, wie jüngst aus dem Munde des Rudolf Augstein zu hören, „bedeutendsten Staatsmann der europäischen Geschichte“, nur noch die Nase zu putzen. Um an diese exponierte Stelle zu gelangen, soll heute eigens ein großer Kran im Alten Elbpark anrücken.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen