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Ausnahmezustand in Tschetschenien

In der Kaukasusrepublik liefern sich tschetschenische Soldaten mit islamischen Fundamentalisten blutige Gefechte. Präsident Maschadow läßt nichtstaatliche Medien schließen und ordnet Mobilmachung an  ■ Von Klaus-Helge Donath

Moskau (taz) – Zwei Jahre nach dem Waffenstillstandsabkommen mit Rußland herrscht im Innern der sezessionistischen Kaukasusrepublik Tschetschenien weiterhin Unruhe. In der vergangenen Woche lieferten sich in Gudermes, östlich der Hauptstadt Grosny, Soldaten der regulären Armee mit paramilitärischen Einheiten des „Islamischen Regiments“ und des „Scharia Bataillons“ eine blutige Schlacht. Dabei starben nach offiziellen Angaben neun Kämpfer, fünfzehn wurden schwer verletzt.

Der Präsident der Republik Itschkeria-Tschetschenien, Aslan Maschadow, verhängte am Wochenende den Ausnahmezustand und ordnete Mobilmachung an. Fünftausend Reservisten bewachen seither Kontrollpunkte rund um Grosny und an den Grenzen zur Nachbarrepublik Dagestan. Gestern ließ der als gemäßigt geltende Präsident alle nichtstaatlichen Massenmedien schließen. Die zum Teil aus arabischen Staaten finanziell unterstützten Fernsehsender mit radikalislamischer Botschaft, erklärte Grosny, würden den inneren Frieden der Republik gefährden.

Schamil Bassajew, den populären Feldkommandeur des Unabhängigkeitskrieges und tschetschenischen Volkshelden, ernannte Maschadow zum stellvertretenden Oberkommandierenden der Streitkräfte. Erst Anfang Juli hatte Bassajew sein Amt als Premierminister niedergelegt. Offenkundig scheint er der einzige zu sein, dem man es noch zutraut, die paramilitärischen Einheiten zur Räson zu bringen.

Viele ehemalige Freischärler haben mit dem Ende des Krieges ihren Lebensinhalt verloren. Der Großteil der tschetschenischen Bevölkerung lebt seither von der Subsistenzwirtschaft und ohne Aussicht auf neue Arbeitsplätze. Nicht selten sind es Freischärler, die im Namen des Islam Straftaten begehen. Gleichzeitig mit dem Verbot paramilitärischer Organisationen erließ Maschadow eine Amnestie für jene Freischärler, die freiwillig ihre Waffen aushändigen und in den regulären Streitkräften dienen. Besondere Aufmerksamkeit gilt seit längerem der Bewegung der Wachhabiten – fundamentalistisch gesinnten Muslimen, die den Nordkaukasus in einen islamischen Gottesstaat verwandeln möchten. Ihre Hintermänner sitzen in Saudi-Arabien.

Die Wachhabiten unterhalten im Südosten der tschetschenischen Bergregion Ausbildungslager. Von hieraus agitieren sie auch jenseits der Grenze im benachbarten Dagestan. Vor allem in den sehr armen Bergregionen auf beiden Seiten der Grenze, in denen nur die wenigsten Jugendlichen Arbeit haben, sollen die wachhabitischen Werber besonders erfolgreich sein.

Gerüchte besagen, auch der ehemalige Vorgänger Maschadows, Ex-Präsident Selimchan Jandarbijew, gehöre zum Kreis der militanten Fundamentalisten. Deren Rädelsführer sollen in Starye Atagi, wo der ehemalige Präsident lebt, eine Versammlung abgehalten und ihn aufgefordert haben, als ihr Anführer „den Angriff gegen die herrschende Macht in Grosny zu leiten“. Derartige Berichte kursieren zur Zeit in den russischen Massenmedien.

Sie sind allerdings mit äußerster Vorsicht zu behandeln, da bestimmte Kreise in Moskau es begrüßen würden, wenn sich die kaukasischen Völker gegenseitig dezimierten.

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