: Gab der CDU-Schatzmeister einen Mord in Auftrag?
■ Staatsanwaltschaft Halberstadt ermittelt gegen einen Unions-Funktionär aus Sachsen-Anhalt
Berlin (taz) – Der Landesschatzmeister der CDU von Sachsen-Anhalt, Manfred Wulfert, soll einen Mord in Auftrag gegeben haben. Gestern bestätigte die zuständige Staatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen den Politiker: „Wir ermitteln wegen des Verdachts der Verabredung zum Verbrechen des Mordes.“
Die Staatsanwaltschaft glaubt, Manfred Wulfert habe Anfang des Jahres in Berlin Kontakt zu einem Russen aufgenommen. Dieser habe einen Gläubiger des verschuldeten Wulferts töten sollen. Der CDU-Schatzmeister war bis zu den Wahlen im April 1998 Landtagsabgeordneter. Seine parlamentarische Immunität hatte Landtagspräsident Klaus Keitel (CDU) allerdings auf Drängen der Ermittler schon früher aufgehoben. Der Abgeordnete wurde darüber nicht informiert. Das ist ungewöhnlich und geschieht nur, wenn sonst die Wahrheitsfindung gefährdet scheint.
Wulfert bestritt gestern alle Vorwürfe, weigerte sich aber, zu Einzelheiten Stellung zu nehmen. Der 48jährige, der in Darlingerode bei Wernigerode zu Hause ist, bekleidet eine Vielzahl von Ämtern, die er bis zum Abschluß der Ermittlungen ruhen läßt. Wenig erfolgreich war der Multifunktionär offenbar als mittelständischer Unternehmer. Schon 1995 meldete er für seine Firma Metallbau Wulfert GmbH die Gesamtvollstreckung an. Nach diesem Konkurs soll Wulfert weiter in großen finanziellen Schwierigkeiten gesteckt haben, berichtet die Magdeburger Volksstimme. Geschäftspartner aus Bremen behaupten, sich sogar bei der CDU-Bundesgeschäftsstelle über Wulfert beklagt zu haben.
Der stellvertretende Landesvorsitzende, Jürgen Scharf, erklärte, die Landes-CDU habe weder von den Ermittlungen noch von finanziellen Problemen Wulferts gewußt. Private finanzielle Schwierigkeiten eines Parteimitglieds sprächen nicht gegen dessen Eignung für das Amt des Schatzmeisters, so Scharf: „Herr Wulfert hat immer einen zupackenden Eindruck gemacht – seine unternehmerischen Fähigkeiten kenne ich allerdings nicht.“
Hans-Jochen Tschiche, Ex- Fraktionschef der Bündnisgrünen in Sachsen-Anhalt, kennt Wulfert aus dem Landtag. „Er hielt als umweltpolitischer Sprecher immer scharfe Reden, die ihm andere geschrieben hatten. Beim Ablesen hat er allerdings öfter Schwierigkeiten gehabt.“ Kriminelle Energie hätte aber selbst der politische Gegner nicht beim „freundlichen Menschen“ Wulfert vermutet. Tschiche: „Man kann nicht sagen, daß man Wulfert die Russen-Mafia fünf Kilometer gegen den Wind angerochen hat.“ Robin Alexander
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