: Der Luftkrieg der Deutschen
In der rechtsgerichteten Literatur („Landser“-Hefte, Bücher über den Zweiten Weltkrieg, neonazistische Agitationsschriften), aber auch bei vielen älteren Deutschen werden mit „Luftkrieg“ zumeist die Flächenbombardements auf deutsche Städte durch die westlichen Alliierten im Zweiten Weltkrieg assoziiert. Wahr ist, daß als erstes das Naziregime von der strategischen Option systematischer Luftangriffe auf zivile Ziele (Wohnviertel vor allem) Gebrauch machte.
Schon kurz nach der Machtübernahme Hitlers war in Deutschland die Produktion von Militärflugzeugen angelaufen – zunächst geheim, da der Versailler Vertrag den Aufbau einer deutschen Luftwaffe verbot. Nur zwei Jahre später jedoch, im März 1935, erfolgte die von den Nazis propagandistisch gefeierte, weil selbst inszenierte „Enttarnung“ des Programms. Hermann Göring wurde offiziell zum Oberbefehlshaber der Luftwaffe ernannt.
Erstmals zum Einsatz kamen deutsche Transportflugzeuge und Jäger im Spanischen Bürgerkrieg. Die Legion Condor, eine etwa 5.000 Soldaten zählende Freiwilligeneinheit der deutschen Luftwaffe, leistete den antirepublikanischen Truppen Francos militärische Unterstützung. Gemeinsam mit italienischen Kampffliegern machte sie am 26. April 1937 die nordspanische Stadt Guernica dem Erdboden gleich: Drei Stunden lang übersäten die deutsch-italienschen Verbände die „heilige Stadt der Basken“ mit Brand- und Sprengbomben.
Massive Luftangriffe begleiteten auch den deutschen Überfall auf Polen, der am 1. September 1939 begann und den Zweiten Weltkrieg auslöste. Wenig später folgte das erste Fliegerbombardement einer westeuropäischen Stadt im Zweiten Weltkrieg: Auf dem Westfeldzug der Wehrmacht attackierte die deutsche Luftwaffe am 14. Mai 1940 Rotterdam, um die Niederlande zur Kapitulation zu zwingen. Rund 900 Menschen fielen diesem Angriff zum Opfer.
Vor allem jedoch richtete sich der nationalsozialistische Luftkrieg gegen Großbritannien – zwischen August 1940 und März 1941 exekutierte die Wehrmacht ihre Luftschlacht um England. Das Bombardement südenglischer Städte sollte die geplante Operation „Seelöwe“ – die Landung deutscher Truppen auf der britischen Insel – flankieren.
Hitlers Invasionspläne scheiterten. Der deutsche Bombenterror aber hinterließ ein Bild der Verwüstung – besonders in Coventry, das gleich mehrmals Opfer massiver Luftangriffe war. Nach dem schwersten Angriff in der Nacht zum 15. November 1940, bei dem die deutschen Geschwader über 500 Tonnen Bomben auf die mittelenglische Industrie- und Arbeiterstadt abwarfen, zählte die Stadt beinahe 600 Tote und 865 Verletzte. 70.000 Wohnungen in dem etwa 230.000 Einwohner zählenden Ort waren zerstört.
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