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Exempel an Ersttäterin statuiert

■ Zwei Jahre, neun Monate für den Transport von 385,1 Gramm Kokain

Die Eckdaten der Geschichte sind trocken. 51 Päckchen mit insgesamt 385,1 Gramm mit hochwertigen Kokains schluckte die 40jährige Marietta D. in ihrer Heimatstadt Lima, Peru. Sie flog am 16. April über Amsterdam nach Bremen und wurde am Flughafen festgenommen. Gestern wurde sie im Amtsgericht zu zwei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Bei der Menge wäre eine höhere Strafe möglich gewesen.

Hinter den trockenen Daten steckt eine stereo-typische peruanische Großstadtbiografie, die als Drogenkurier endete. In einem armen Stadtteile, so berichtet sie, wuchs sie auf, ging zwei Jahre in die Schule. In der Heimwerkstatt wurden Flaschen auseinandergeschnitten, die Kanten abgeschliffen: Gläserherstellung für die anderen Armen Limas. Seit ihrem achten Lebensjahr arbeitete Marietta D. so mit ihrer Mutter zusammen, heiratete mit 20, bekam zwei Töchter, trennte sich nach drei Jahren. Sie machte einen Saftstand auf, einer der vielen Kleinstgewerbe des tertiären Sektors, der einen Großteil der Bevölkerung am Leben hält – mehr schlecht als recht.

Die Schwester der Verurteilten hatte es immerhin bis ins reichere Chile geschafft. Zusammen mit der Mutter und der Schwester setzte Marietta D. alles daran, so erzählt sie, daß wenigstens ihre Töchter aus der sozialen Schicht ausbrechen könnten. Die heute 19jährige Tochter studiert Medizin an der Universität in Lima, die 17jährige Tochter wird nächstes Jahr die Schule abschließen und will sich dann ebenfalls um einen der Studienplätze bewerben. Ob daraus etwas wird, steht seit gestern in den Sternen.

Marietta D. wollte nicht den großen Schnitt machen mit ihrer ersten und einzigen Reise als Drogenkurier. Glaubt man ihren Worten, wurde die nicht vorbestrafte Frau systematisch abhängig gemacht. Nicht durch Drogen, die sie nie probiert haben will, sondern durch Dankbarkeit. Sie befreundete sich mit einer Kundin am Saftstand, fasste Vertrauen. Die Frau erzählte ihr von Reisen, mit denen sie ihr Geld verdiene. Ob dabei schon von Drogen geredet wurde – Marietta sagt nein.

Spätestens als ihre Schwester ins Krankenhaus kommt, wird die Kundin zur hilfsbereiten Freundin: Sie leiht Marietta D. das Geld, um nach Chile zu fahren. Die Schwester stirbt. Die Bekannte zahlt die Überführung der Leiche. Mit insgesamt 620 Dollar stand Marietta D. in der Schuld. Aus dieser Schuld heraus und weil ihr mit Gewalt gegen ihre Familie gedroht wurde, so erzählt sie, habe sie sich verpflichtet gefühlt, sich auf die Reise nach Bremen einzulassen – sie schluckte 51 Päckchen mit Kokain und setzte sich ins Flugzeug.

Vor Gericht ist sie geständig. Einige Fragen bleiben offen, doch die Verteidigerin plädiert für eine Strafe von zwei Jahren auf Bewährung. Eine Wiederholungsgefahr sei nicht gegeben. Eine hohe Strafe hätte lediglich abschreckenden Charakter, würde der Zukunft auch der Töchter schaden. Der Staatsanwalt fordert zwei Jahre und neun Monate – ab zwei Jahren kann die Strafe nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden. Der Richter folgte dem Strafantrag der Staatsanwaltschaft. cd

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