piwik no script img

Einsatz für Bosnier

■ Hilfsgruppen organisieren Telefonkette und Appell gegen Abschiebungen

Mit Hilfe von Telefonketten und einem Appell an Senat, Bundesregierung und Bundestag wollen die verschiedenen Flüchtlingsorganisationen in Berlin weitere Abschiebungen von bosnischen Flüchtlingen öffentlich machen und möglichst verhindern. Bei einer von rund 700 Menschen, darunter vielen Bosniern, besuchten Protestversammlung unter dem Motto „So nicht, Herr Schönbohm“ am Donnerstag abend in der Heilig-Kreuz-Kirche unterschrieben etwa 400 Teilnehmer den sogenannten „Berliner Appell“. Er wurde vom Behandlungszentrum für Folteropfer, dem Südost-Zentrum, dem Ausländerbeauftragten der evangelischen Kirche und der Flüchtlingsorganisation La Benevolencija initiiert und auch vom ehemaligen EU-Administrator von Mostar, Hans Koschnick, unterschrieben.

In dem Schreiben appellieren die Organisationen an die Politik, von weiteren Abschiebungen abzusehen, Schwersttraumatisierten und ihren Familienangehörigen eine Aufenthaltsbefugnis zu erteilen, zu einer strikten Politik der freiwilligen Rückkehr zurückzukommen und die Kriegsverbrecher der Republika Srpska in Bosnien vor das Bosnien-Tribunal in Den Haag zu bringen. Dem „Berliner Appell“ schloß sich gestern auch der Landesvorstand der PDS an. SPD-Fraktionschef Klaus Böger und der ausländerpolitische Sprecher der Grünen, Ismail Kosan, sprachen sich ebenfalls gegen weitere Zwangsabschiebungen aus.

Darüber hinaus wurden bei der Versammlung drei Telefonketten organisiert. Fünf Anwälte und fünf Journalisten erklärten sich bereit, zur Verfügung zu stehen, wenn es zu weiteren Abschiebungen kommen sollte. Eine weitere Telefonkette für alle Bürger soll in den nächsten Tagen organisiert werden. Die Beteiligten sollen sich bei weiteren Abschiebungen vor Ort einfinden und später als Zeugen aussagen.

Um die Protestbewegung aufrechtzuerhalten, sind bereits weitere Treffen geplant. Außerdem will die Liga für Menschenrechte Zeitungsanzeigen gegen Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) schalten, in denen sie seinen Rücktritt fordert. In der Heilig-Kreuz- Kirche entrollte eine Gruppe ein Transparent mit den Worten: „Schönbohm: Schreibtischtäter, Menschenjäger, Deporteur“. Jutta Wagemann

Das nächste Treffen ist am 6. August, 19 Uhr, in der Heilig-Kreuz- Kirche, Zossener Str. 65, U-Bahnstation Hallesches Tor.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen