: Verfolgung des Senators ins Mühlenberger Loch
■ Porschke von Umweltschützern und Protest begleitet. Wieso wird da gebohrt?
„Paß auf, die fahren gleich los!“ ruft Herbert Nix vom Förderkreis „Rettet die Elbe“ dem Kapitän der Barkasse „Söhnke“ zu. Und tatsächlich, ehe man sich versieht hat die „Ruth“ am Baumwall losgemacht und schippert mit Umweltsenator Alexander Porschke (GAL), seinem Staatsrat und einer Gruppe Interessierter los zur Ausfahrt ins Mühlenberger Loch. Die „Söhnke“ mit den Umweltschützern an Bord nimmt die Verfolgung auf. „Gleich überholen wir den Senator“, freut sich Nix. Das Protest-Transparent gegen die DASA-Erweiterung im EU-Vogelschutzgebiet wird aufgehängt.
Die Umweltschützer beklagen, daß mit der geplanten Werkserweiterung für den Superflieger A3XX ein einmaliges Süßwasserwatt zerstört werden soll. Dieses flache Gewässer sei die einzige Zuflucht für Fische, die sich in der durch künstliche Vertiefung immer stärker werdenden Elbströmung nicht mehr halten können.
Unmittelbar neben dem DASA-Werk, wo das Mühlenberger Loch zugeschüttet werden soll, ist die Elbe so niedrig, daß bei Ebbe die Vögel – vor allem Zugvögel, die dort rasten, wie die Löffelente – ein reichhaltiges Nahrungsangebot finden. Nur noch hier wächst der beinahe ausgstorbene Schierlingswasserfenchel. Diese Ausbuchtung des Flusses sei keineswegs künstlich in der Nazi-Zeit entstanden, weisen die Naturschützer das Argument der Erweitungs-Befürworter zurück. Historische Karten zeigen, daß der Strom an dieser Stelle, wo die inzwischen geschlossene Sü-derelbe in die Elbe mündete, schon immer sehr breit war.
Umweltschützer und Umweltsenator sind sich darin einig, daß es einen Ausgleich für die Zerstörung dieses Biotops nicht geben kann. Dennoch beugte sich Porschke dem Druck des Koalitonspartners SPD. Der Senat will bei der EU eine Ausnahmegenehmigung erwirken, um das Mühlenberger Loch teilweise zuzuschütten. Als gesetzlich vorgeschriebener „Ausgleich“ wird etwa die Rückdeichung der Haseldorfer Marsch (Schleswig-Hol-stein) erwogen, wogegen aber Privatbesitzer klagen könnten. Möglich wäre auch, auf eine der Elbinseln wie Hahnöfersand (Niedersachsen) ein Watt zu schaffen.
Obwohl eine Ausnahmegenehmigung für die Zerstörung des EU-Vogelschutzgebietes Mühlenberger Loch noch nicht vorliegt, werden zur Zeit bereits Probebohrungen durchgeführt. Dabei würde „punktuell das Watt zerstört“, kritisiert der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). „Die Zugvögel sind doch jetzt gar nicht da“, wundert sich Bernd Meyer, Sprecher der Wirtschaftsbehörde. Und die Furchen im Watt „sind nach zwei, drei Tiden wieder weg“, glaubt er.
Silke Mertins
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