: Ohrringe für 1.750 Mark statt 3.499 Mark
■ Exklusive Läden in der Friedrichstraße machen Sommerschlußverkauf, aber vornehm zurückhaltend
Und er rollt und rollt und rollt. Der Sommerschlußverkauf ist nicht zu stoppen. Hertie, C & A und andere Kaufhäuser überschlagen sich wie jedes Jahr mit verlockenden Angeboten. Bei H & M kosten die Tops nur noch schlappe 9,90 Mark. Doch auch die edlen Häuser der Haute Couture, wo Preise doch eigentlich so nebensächlich sind, daß sie nicht im Schaufenster kleben, haben ihre exklusive Ware reduziert. Zum Beispiel im Departmentstore Quartier 206 in der Friedrichstraße: Auch wenn von außen nicht ein reduziertes Kleidungsstück zu sehen ist – tatsächlich hängen im Shop weiter hinten die Jackets mit den vertrauten roten Preisschildern. Doch man übt Zurückhaltung: Selbstverständlich, erklärt eine Verkäuferin im Shop von Donna Karan New York, seien einzelne Artikel reduziert. Man wolle sich aber nicht „über den Sommerschlußverkauf identifizieren“. Eine Kollegin hat vor allem ästhetische Bedenken: „Bei uns ist das alles etwas dezenter.“
Einen Stock höher, bei Gucci, wagt man es kaum, nach reduzierter Sommerware zu fragen. Im Schaufenster am Eingang hängt nämlich bereits die „fall winter preview“. Aber in den kleinen Schaufenstern an der Seite liegen noch die Sonnenbrillen. Sind vielleicht die reduziert? Mit einem freundlichen Lächeln deutet die Verkäuferin dann doch auf die Schlußverkaufsschnäppchen: ein paar in Augenhöhe plazierte weiße Täschchen aus geprägtem Leder. Ein Preisschild ist aber wieder nicht zu finden. „Das sind hier eben andere Marketingstrategien“, meint die Verkäuferin. Vermutlich ist das Geschäft aus genau diesem Grund menschenleer. Die wenigen Leute, die über den Marmorfußboden des dreistöckigen Nobelcenters schlendern, schauen sich die Mode lieber von außen an.
Ein paar Meter weiter, in den Galeries Lafayette, hat man trotz exclusiver Ware keine Kundenprobleme. Alle Türen und Schaufenster sind zugekleistert mit roten „SSV“-Bannern und dem Hinweis „stark reduziert“. Das gilt hier für Roben von Yves Saint Laurent und Dior ebenso wie für Haarschmuck, Halstücher und Kulturbeutel. Auf einfach alles gibt es hier Preisnachlaß.
Die Juwelierkette Christ macht sich den Sommerschlußverkauf ebenfalls zunutze. Auf großen gelben Schildern liest man „Sommer, Schmuck, Vergnügen“. Die Sonderangebote, die ansonsten ganz normal im Geschäft weiter hinten aufgebaut sind, habe man jetzt eben vorne im Schaufenster, so die Verkäuferin. Da blinken dann die goldenen Ohrringe mit Diamanten, die anstatt 3.499 Mark jetzt schon für 1.750 Mark zu haben sind. Susanne Sitzler
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen