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Ocean Park – spät, aber „einzigartig“

■ Oberhausen überholt Bremerhaven mit „Ozeanarium“ / Scherf will deshalb „einzigartigen“ Ocean Park und keinen „Zirkus“

Mit ernüchternden Erkenntnissen ist eine Bremer Delegation aus Lissabon vom Besuch der dortigen Expo zurückgekommen. Wenig attraktiv scheint der deutsche Beitrag dort, die simulierte Unterwasser-Station „Oceanis“. Bürgermeister Henning Scherf hatte die Hoffnung gehabt, man könne die „Oceanis“ parallel zur Expo nach Bremerhaven holen, um den Touristen den Mund wässrig zu machen im Hinblick auf den geplanten Ocean Park. Von der Idee hat er nach dem Besuch in Lissabon Abstand genommen.

Zweite Ernüchterung: Oberhausen wird Bremern zuvorkommen und rechtzeitig zu dem großen Publikumsansturm nach Hannover eine Art Ocean Park eröffnen. „Der Vertrag ist unterschriftsreif“, verkündete der Geschäftsführer der Oberhauser Grundstücksentwicklungsgesellschaft. Vor zwei Jahren schon hat der amerikanische Aquariums-Architekt Peter Chermayeff sich das Gelände für seine Idee gesichert. Ausgerechnet jener Chermayeff stiehlt den Bremern die Schau, der vor vier Jahren Bremerhaven auf die Idee mit dem Ocean Park gebracht hatte.

In seinem Bemühen, sich für die Einladung zur Mitreise mit der offiziellen Bremer Delegation mit einem freundlichen Artikel zu bedanken, formuliert der Weser Kurier, Chermayeff sei für den Ocean Park „im Gespräch“ gewesen. Bremerhaven hat sich dieses „Gespräch“ mehr als eine Million Mark kosten lassen. Seine Planungen hat Chermayeff nun in Lissabon mit einem großen „Ozeanarium“ entwickelt, und die Lissaboner Crew wird mit ihren Erfahrungen auch das Projekt in Oberhausen bauen und den Marketing-Vorteil der Anknüpfung an die Expo 2000 nutzen.

Aber Scherf will sich durch diesen Zeitvorsprung nicht bange machen lassen. Wir wollen ja etwas Einzigartiges“, erzählte er dem Weser Kurier, „und nicht die 25. Auflage eines immer gleichen Aquariums. Ich kann mir vorstellen, daß wir das Meer mit einbeziehen, es also nicht künstlich in irgendwelchen Bassins inszenieren. Wir wollen keinen Zirkus, sondern ein au-thentisches Erlebnis. Und wir müssen dafür keine Experten einfliegen, die sind alle schon da. Bremerhaven ist weltweit eine Topadresse in der Meeresforschung.“

Die Experten von der Köllmann-Gruppe und die kannadischen Top-Planer, die Bremen einfliegen läßt zur Planung des Ocean Park in Bremerhaven, sind da aber ganz anderer Ansicht. Seit vier Jahren wurden diverse bunte Pläne vorgelegt, eine Verbindung zum Meer war da nie enthalten gewesen. Da in einem künstlichen Bassin auch viel besser zu konzentrieren ist, was dem Besucher gezeigt werden soll, ist die Attraktivität eines gläsernen Ganges auf den Grund der Außenweser auch fraglich.

Und die Planer des Ocean Parks wollen gerade keine Großaquarien mit wissenschaftlicher Begleitung. In Wiesbaden redet man abfällig über diese „Fischgefängnisse“, wie sie in Oberhausen geplant sind. Der Ocean Park soll sich von den großen Aquarien gerade dadurch abheben, daß „mehr Entertainment“ geboten wird, also mehr „Zirkus“ in Scherfs Diktion.

Die Bremerhavener Grünen weinen Chermayeff „keine Träne nach“. Sie verweisen darauf, daß Chermayeff in Bremerhaven durch den Experten Köllmann abgelöst wurde, weil er die privaten Investoren für den Ocean Park nicht besorgen konnte. 80 Prozent der Gesamtkalkulation sollte aus der Staatskasse erfolgen, man müsse „erleichtert sein, daß dieser Kelch an Bremerhaven vorbeigegangen ist.“

Offen ist aber für den grünen Fraktionsvorsitzenden Hans-Christian Scherzer, ob Bremerhaven da in den vergangenen vier Jahren seit dem Rausschmiß von Chermayeff einen Schritt weiter gekommen ist: „Alle Kraft“ müsse sich darauf konzentrieren, „ähnlich einseitige Ansinnen der Köllmann-Gruppe zu verhindern.“ K.W.

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