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Pantani schätzt Ullrichs Gesellschaft

■ Jan Ullrich holt sich den Sieg bei der 16. Etappe der Tour de France, wird den italienischen Spitzenreiter Marco Pantani aber nicht los

Berlin (taz) – Als das Grüppchen der Spitzenfahrer bei der Tour de France am Dienstag den Col de la Madeleine hinaufstrampelt, beging Bobby Julich einen verheerenden Fehler. „Trete nicht so in die Pedale, ich komme nicht mit“, raunte er seinem Helfer Christophe Rinero zu, übersah aber, daß sich ein gewisser Jan Ullrich in Hörweite befand. Der bekam die physische Bankrotterklärung des US-Amerikaners mit und startete sofort einen fulminanten Angriff, dem bloß Marco Pantani im Gelben Trikot folgen konnte. Ullrich gewann die 16. Etappe und holte sich einen Teil der Zeit wieder, die er bei seinem Totaleinbruch am Montag auf dem Weg nach Les Deux Alpes eingebüßt hatte. Der 24jährige rückte am Spanier Escartin vorbei auf den dritten Rang und bis auf 14 Sekunden an den vor ihm liegenden Julich heran.

Irgendwann, da waren sich alle sicher, hätte Ullrich aber ohnehin angegriffen. Von der Last des Gelben Trikots befreit, wirkte er geradezu unbeschwert und versessen darauf, allen zu zeigen, daß Galibier und Les Deux Alpes nur ein Ausrutscher waren. Ein großer Ausrutscher allerdings, mit dem niemand rechnete. Auch nicht Pantani, der immer gesagt hatte, daß Ullrich sicher nicht einen solch schwarzen Tag haben würde wie der Schweizer Zülle beim Giro d'Italia, als er das Rennen binnen weniger Stunden gegen den Italiener verlor.

Doch irgendwann kommt die große Stunde bei der Tour auch für die Bergfahrer. Das war so bei Charly Gaul und Federico Bahamontes, jetzt ist es offenbar das Jahr des Marco Pantani, obwohl der Kurs der Tour 1998 ihn keineswegs begünstigt hat. Der 28jährige Kletterspezialist scheint ziemlich sicher zu sein, daß der Vorsprung von 5:56 Minuten auf Ullrich für das Zeitfahren am Samstag in Le Creusot reicht, obwohl die Strecke perfekt auf die Stärken des Deutschen zugeschnitten scheint. „Ich hätte ihn am Madeleine abhängen können“, sagte Pantani nach der 16. Etappe, „aber es machte keinen Sinn. Ich konnte ein wenig Gesellschaft für die Abfahrt zum Ziel gebrauchen.“ Matti

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