Zahlende Raumfahrtkunden im Visier

■ DASA, OHB und Fallturm gründen Service- und Kundenzentrum für die internationale Raumstation / Bremen will 50 Millionen Mark beisteuern, um Raumfahrtbranche zu erhalten

Die Bremer Raumfahrtbranche bereitet sich auf eine langjährige und möglicherweise einträgliche Routineaufgabe vor. Wenn ab 2003 das europäische Weltraumlabor Columbus als Teil der internationalen Raumstation ISS für mindestens zehn Jahre die Erde umkreist, sind Bremer Ingenieure bei Betrieb und Nutzung des größten Projekts der bemannten Raumfahrt dabei.

Die Dasa Raumfahrt-Infrastruktur, die Bremer High-Tech-Firma OHB Systems und die Zarm Fallturm-Betriebsgesellschaft an der Universität Bremen haben am Donnerstag die Arbeitsgemeinschaft BEOS (Bremen Engeneering Operations Science) gegründet. Ziel ist ein Kunden- und Servicezentrum für die internationale Raumstation, die von den USA, Kanada, Japan, Rußland und den Europäer gemeinsam gebaut wird.

200 Millionen Mark wollen die Partner investieren, davon trägt die Dasa den Löwenanteil von 80 Prozent. Bremen hat 50 Millionen Mark versprochen, falls die EU der Förderung zustimmt. Neben den Bremer Zuschüssen soll sich BEOS durch Aufträge von Raumfahrtagenturen wie der europäischen ESA finanzieren. Mittelfristig soll BEOS zahlenden Kunden aus der Industrie Labors und Schwerelosigkeits-Experimente im All anbieten.

„Es funktioniert hier unten genauso, wie es oben ist,“ sagt BEOS-Leiter Helmut Luttmann, ein Dasa-Mann. In der Dasa-Raumfahrthalle am Bremer Flughafen steht ein originalgroßes Modell des von der Dasa federführend entwickelten Columbus und weiteren Teilen der ISS (siehe Seite16). Die Elektronik, die im All hinter den Panelen und Schaltflächen steckt, steht in der Halle in Metallspinden. Und die Computersoftware, die Columbus steuert, ist auf Rechnern im noch improvisierten BEOS-Zentrum abrufbar. Ein eigenes Gebäude wird im kommenden Jahr errichtet.

Wenn nun oben eine Pumpe für den Kühlkreislauf ausfällt, springt oben automatisch die baugleiche Ersatzpumpe an. Die BEOS-Leute beobachten diese Störung, starten ihre Simulationssoftware und können so ausfindig machen, ob dahinter ein Softwarefehler steckt, ob ein Sensor kaputt oder die Pumpe defekt ist. BEOS veranlaßt dann, daß ein Ersatzteil mit dem nächsten Raumtransporter ins All geschickt wird. Anweisungen oder Ratschläge an die Astronauten werden über das Kontrollzentrum in Oberpfaffenhofen weitergegeben.

Weitere Aufgabe für BEOS ist der Service für Wissenschaftler, die im All etwa mit den Aggregatzuständen von Gasen experimentieren und neue Medikamente oder Werkstoffe entwickeln wollen. Aus der Schnittstelle BEOS können Bilder und Daten von den Experimenten über das Internet direkt ins heimische Institut geschickt werden. „Es hat noch nie einen so langfristigen Betrieb einer Raumstation gegegeben“, sagt BEOS-Ingenieur Horst Engelke. So würden Betrieb und Steuerung der ISS zur Routine, die vom Büro aus erfolgen könne. „Riesige abgedunkelte Kontrollzentren wie bei Apollo 13 wird es nicht mehr geben.“

Bremen sei der geeignete Standort, weil nur hier Großindustrie, Mittelstand und Wissenschaft zusammensäßen, sagt der stellvertretende BEOS-Leiter Detlev Hüser von OHB. Darum rechne man sich gute Chancen auf den Zuschlag aus, wenn der Service-Betrieb für Columbus demnächst ausgeschrieben werde. Ohne BEOS wäre nach dem Bau von Columbus der Raumfahrtstandort Bremen leergelaufen.

Joachim Fahrun