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Was bedeutet das für mein Portemonnaie?

■ Eine kurze Einführung in den Lokaljournalismus / 1. Lektion: Alles ist eine Angelegenheit für den Geldbeutel

Jeder will Journalist werden. Wir verstehen das nur zu gut. Der Puls der Zeit wabert immer zuerst an unserem Schreibtisch vorbei. Mittags erst stehen wir auf, werden anschließend vom fröhlich pfeifenden Chauffeur zur Redaktion befördert, wo wir den Rest des Tages, je nach Lust und Laune, entweder telefonieren oder im Internet surfen. Und abends, immer umsonst natürlich, hängen wir mit der gesamten Familie im Konzertsaal oder im Theater ab. Zweifellos ein Traumjob.

Aber: Der Weg dorthin ist hart. Sehr hart. Sehr sehr hart. Doch ist das kein Grund zu verzweifeln. Denn Journalismus kann man lernen. Und wir bringen es Ihnen bei! Wenn Sie in den kommenden Wochen aufmerksam jede Lektion unserer kleinen „Einführung in den Lokaljournalismus“ studieren, werden Sie am Ende alle Voraussetzungen erfüllen, um sich bei uns mit Erfolg um einen Arbeitsplatz zu bewerben. Eine verlockende Aussicht: Ausschlafen, telefonieren, Theater ... – Sie wissen schon!

„Was bedeutet das für mein Portemonnaie?“ ist die elementare Frage, die ein Journalist bereits im Hinterkopf präsent haben sollte, noch ehe er morgens das Großhirn aktiviert hat. Wenn es dann aus dem Radio beispielsweise so harmlos „Die Regenwahrscheinlichkeit heute liegt bei 90 Prozent“ blubbert, muß der Journalist blitzschnell schalten. Muß ich den Lesern – wenn Sie bei der taz arbeiten wollen: den LeserInnen – heute empfehlen, auf das Frühstück zu verzichten, weil das Geld besser in ein Paar neue Gummistiefel zu investieren wäre? Kann der Regen zur Springflut anschwellen und die prall gefüllte Schmuckkassette auf dem Nachtisch des Lesers – bei der taz: der/des LeserIn – wegspülen? Und welche Konsequenzen hat das für sein Portemonnaie (nicht der Regen, sondern der Untergang der Klunker)?

Derart verfährt man mit schlichtweg jeder Information, die man auffängt. Krieg im Kosovo, das Ozonloch, Jan Ulrichs Hungerast auf der 15. Etappe, die Schwangerschaft der Ehefrau von Johannes B. Kerner (ob's, bei diesem Vater, ein Schwiegersohn werden wird?) – all das muß in seinen weitreichenden Konsequenzen für den Geldbeutel des Lesers – bei der taz: Na, Sie wissen schon ... – ausrecherchiert und knackig aufbereitet in die Zeitung geschrieben werden.

Fakten, Fakten, Fakten, und immer an den Leser – bei der ta... schon gut ... – denken: Wer das berücksichtigt und so die große Welt auch für den kleinsten Geist in übersichtliche Infohäppchen mundgerecht aufbereitet, hat zwar nur einen kleinen Schritt für die Menschheit, aber einen großen für sich auf den Olymp des Journalismus getan. zott

Die zweite Lektion der kleinen Schule des Lokaljournalismus erscheint in den nächsten Tagen und erläutert den Satz „Das muß auch der Rentner in Huckelriede verstehen“. Außerdem auf dem Lehrplan der nächsten Wochen: „Auf Bremen runterbrechen/den Bremen-Dreh suchen“, „Die Überschrift muß Dich reinziehen in den Text“, „Der Ho-ho-ho-Faktor“ und „Den Artikel kannst Du doch runtermetern“.

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