: Mutter Weser aus dem Hahn
■ Trinkt Bremen bald aus dem Werdersee? Stadtwerke erproben, ob das Trinkwasser künftig wieder aus dem Fluß gewonnen werden soll / Testwasserwerk arbeitet schon
Sechzehn lange Jahre schon müssen die meisten BremerInnen ihren Leib in rein niedersächsischem Wasser baden und ihren Tee damit kochen. Das könnte bald ein Ende haben. Denn Mutter Weser ist nach der wendebedingten Pleite der thüringischen Kali-Gruben wieder soweit salzfrei, daß Trinkwasser aus dem Fluß gewonnen werden kann, wie es seit Jahrhunderten üblich war.
Seit 1935 mußte das salzhaltige Weser-Wasser jedoch mit reinerem Harzwasser verdünnt werden, 1982 wurde die Wassergewinnung aus der Weser eingestellt.
Ob sich Trinkwasser aus der Weser jetzt wieder technisch und wirtschaftlich lohnt, erproben die Stadtwerke als Bremer Wasserversorger mit einem mehrstufigen Versuch, der das reine Laborstadium lange hinter sich hat. Wenn eine weitere Kali-Grube am Weser-Quellfluß Werra ihre Abwässer besser reinigt, was noch in diesem Jahr geschehen soll, erwarten die Stadtwerke beim Salzgehalt einen weiteren „Qualitätssprung“ des Weser-Wassers.
Seit Mai zapfen die Wasserwerker an einem silbrigen Steg Wasser aus der kleinen Weser ab und bereiten 30.000 Liter pro Stunde in einem Testwasserwerk neben dem Pumpwerk auf der Weserinsel auf. (siehe Kasten). Das wäre genug für eine Kleinstadt mit 5.000 Einwohnern. Der Werdersee sei als Wasser-Reservoir besser geeignet als die tideabhängige Weser, sagt der Leiter der Trinkwassergewinnung bei den Stadtwerken, Kay Otromke. Weniger Schwebstoffe, kein Bootsverkehr, kein Wassersport. Und außerdem lasse sich der Zufluß aus der Mittelweser zum Werdersee sperren, falls es einmal zu einer Havarie oder Verschmutzung auf der Weser komme.
Wenn die Ergebnisse des Probelaufs stimmen, soll ein neues Wasserwerk mit einer Kapazität von zehn Millionen Kubikmeter jährlich gebaut werden, das Weserwasser zu Trinkwasser macht. Der Test, der 1,5 Millionen Mark kostet, „erlaubt schon Hochrechnungen auf den größeren Maßstab“, sagt Jürgen Schoer. Er ist Geschäftsführer der HanseWasser GmbH, jener Firma, mit der die Stadtwerke im Verein mit der französischen Firma Eurawasser den Abwasserbereich der Bremer Entsorgungsbetriebe übernehmen und alle Dienste rund ums Wasser aus einer Hand anbieten wollen.
Schoer verweist auf einen ökologischen Vorteil: Wenn die Stadtwerke ihr Trinkwasser aus der Weser entnähmen, hätten sie ein elementares Interesse daran, nur sauberes, gereinigtes Abwasser einzuleiten.
Die Kosten des Trinkwassers aus der Weser, so sind die Stadtwerke überzeugt, würden niedriger liegen als die heutigen Lieferpreise für Trinkwasser, das die Stadtwerke von den Harzwasserwerken, dem Oldenburg-Ostfriesischen Wasserverband und dem Trinkwasserverband Verden beziehen. Von den 34 Millionen Kubikmeter Trinkwasser, die BremerInnen jedes Jahr verbrauchen, kommen nur knapp 15 Prozent aus Bremen selbst: Sie werden im Grundwasserwerk Blumenthal gefördert.
Auch im Markt für Trinkwasser, für das VerbraucherInnen in Bremen netto 2,95 Mark pro Kubikmeter (1.000 Liter) bezahlen müssen, sehen die Stadtwerke-Strategen Veränderungen, ähnlich wie auf dem liberalisierten Energiemarkt. Der Druck sei da, sagt Stadtwerke-Sprecher Andreas Brunner, weil der Verbrauch seit Jahren auch wegen der Verbreitung von WC-Spülsperren und wassersparender Waschmaschinen zurückgehe, die Fixkosten für Leitungen und Anlagen aber konstant blieben.
Zu maximaler Nutzung seiner eigenen Wasser-Ressourcen hat sich Bremen auch im Rahmen der gemeinsamen Landesplanung gegenüber den Niedersachsen verpflichtet. Auch das Wasserwerk Blu-menthal soll ausgebaut werden. Bis die Menschen aber wieder Weser-Wasser trinken können, gehen mindestens noch vier bis fünf Jahre ins Land. Es sei denn, die Niedersachsen senken ihre Wasserpreise und die Investition in Bremen lohnt sich doch nicht.... Joachim Fahrun
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen