: Alter Kram für die Familie
■ Bevor sie auf den Segen des Digitalfernsehens warten, ordnen die den deutschen TV-Markt beherrschenden Konzerne Bertelsmann und Kirch schon mal ihre Senderbeteiligungen neu
Noch-RTL-Chef Helmut Thoma dürfte sich derzeit ein letztes Mal so richtig über seine Bosse vom Bertelsmann-Konzern ärgern. Da hat er jahrein jahraus getönt, er wolle mit den Bertelsmann-Sendern eine „Senderfamilie“ rund um RTL gründen. Nur an den Bertelsmännern scheitere der schöne Plan immer wieder. Doch kaum haben die Konzernmanager nun Helmut Thoma erfolgreich von der Senderspitze gemobbt, da scheint ihnen die Familiengründung selbst zu glücken: Den Sender Super RTL werden sie wohl bald allein beherrschen, nachdem sie Mitgesellschafter Disney herausgekauft haben. Bei RTL 2 könnte das Abkommen mit dem US-Konzern Bertelsmann immerhin die Mehrheit sichern.
Die in Deutschland beherrschenden TV-Konzerne Bertelsmann und Kirch suchen nach Möglichkeiten, wie sie das derzeit hochdefizitäre Privat-TV (nur RTL und Pro 7 verdienen was) auch ohne die Hoffnung auf den schnellen Erfolg des Digitalfernsehens profitabler gestalten können. Mit so einer Senderfamilie kann man TV-Stationen erst richtig effizient betreiben: Wenn ein Konzern mehrere kleine und ein bis zwei größere Sender hat, kann er die Programme munter durch die Sender reichen, wie es am besten paßt, und sich die Sender gegenseitig keine Konkurrenz machen. Genau das ist der Plan mit der RTL-Familie: Super RTL könnte als Billigstation älteste RTL-Ware durchnudeln, RTL 2 könnte alte Showformate und Eigenproduktionen übernehmen und diese weiterhin mit billigen Eigenprodukten anreichern.
Schon bislang hatten die Gütersloher mit ihrer Tochter CLT- Ufa versucht, das eigene Portefeuille entsprechend in den Griff zu bekommen – letztes Jahr reichte RTL für 300 Mio. Mark alten Kram an RTL 2 weiter. Der Sender müsse künftig „ohne Wenn und Aber die Hosen des großen Bruders auftragen“, sagte RTL 2- Chef Josef Andorfer. Doch die Familie funktionierte nicht so recht, weil die Bertelsmänner stets Partner bei den von ihnen gesteuerten Sendern dabeihatte. Die wollen natürlich kaum ihren Sender als RTL-Müllablage. Doch wenn Bertelsmann Super RTL demnächst allein hat, dann kann ihm dort keiner mehr reinreden.
Auch Leo Kirch, der mit Bertelsmann das deutsche Privat-TV fast vollständig beherrscht (siehe Grafik), sammelt nun seine Beteiligungen um sich: Beim defizitären Sat.1 hat er zu Jahresbeginn auf eine klare Mehrheit aufgestockt, was ihm jedoch das Kartellamt verwehren will. Nun hat er sich auch beim ebenso hochdefizitären Sender DSF die Alleinherrschaft gesichert, indem er die Beteiligung seines italienischen Partners Silvio Berlusconi ablöste (die schon immer als verdeckter Kirch-Anteil galt). Bei Kirch kursierten zudem öfter mal Pläne, man könnte Sat.1 und Pro 7 (mit Kabel 1) aufeinander abstimmen und so die desolate Lage von Sat.1 verbessern. Doch da ist bislang Pro 7-Chef Georg Kofler vor, der die Pro 7 AG, die formal Kirch-Sohn Thomas kontrolliert, bislang unabhängig von den Aktivitäten Leo Kirchs führt.
Auch gibt es immer wieder Gerüchte über die ganz große Umwälzung auf dem TV-Markt, die bevorstehe: Daß Medienmogul Rupert Murdoch weitreichende Pläne (mit Kirch) habe. Oder daß Murdoch, Kirch und Berlusconi eine Allianz verabreden (für den italienischen Markt wurden Abmachungen der drei bestätigt). Aber bislang verläßt man sich lieber auf seine Familie. Lutz Meier
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