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Weiter Streit um Semesterticket

■ Der Fahrschein für Studierende soll gut 200 Mark fürs Halbjahr kosten - und nach dem Willen des Verkehrsverbunds auch für Brandenburg gelten. Doch die BVG stellt sich nach wie vor quer

Das Semesterticket kommt, möglichst zum Sommersemester 1999: Darin sind sich Studenten, Hochschulen, Verkehrsunternehmen, Verkehrsverbund, Verkehrs- und Wissenschaftssenator jetzt einig. Umstritten ist aber immer noch, was es kosten wird, für welchen Bereich es gelten soll – und wer darüber entscheidet.

Die Verkehrsunternehmen, also in erster Linie BVG und S-Bahn, verhandeln mit dem Studentenwerk. Ihr Angebot: Ein Ticket für das Stadtgebiet mit den Zonen A und B, das im Semester 215 Mark kosten soll. Die Studenten, die schon bisher regelmäßig eine Monatsmarke kauften, sparen also rund die Hälfte. Im Gegenzug sollen auch die Radler, Autofahrer und Fußgänger unter den Studenten in die Tasche greifen und so zum Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel bewegt werden: Auf diesem verkehrspolitischen Solidarpakt beruht die Idee des Semestertickets.

Grundlage des BVG-Angebots ist ein Gutachten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Die Wissenschaftler haben zusammengerechnet, was Berliner Studenten bislang für Monatskarten und Einzelfahrscheine ausgeben. Den Gesamtbetrag haben sie dann einfach auf die 136.000 Berliner Studenten umgelegt. Nur so, erläutert BVG-Sprecher Klaus Wazlak, sei das Semesterticket „kostenneutral“ einzuführen.

Der Verkehrsverbund Berlin- Brandenburg (VBB) hingegen, der die Tarife in den beiden Ländern ab dem 1. November vereinheitlichen will, verhandelt direkt mit den Studenten. Weil der Verkehrsverbund seinen „politischen Auftrag“ im Zusammenwachsen der Region sieht, will er gleich ein Ticket für ganz Berlin und Brandenburg anbieten. Es soll, versichert die VBB-Sprecherin, „nicht teurer sein als in Hamburg“, wo das Ticket 221 Mark kostet.

Doch liegen die Preisvorstellungen von VBB und BVG gar nicht so weit auseinander, wie es scheint – denn nach der Logik des DIW- Gutachtens muß ein größerer Geltungsbereich nicht zwangsläufig teurer werden. Schließlich müßten auch die Studenten aus Frankfurt, Cottbus oder Potsdam ihren Obolus entrichten. Außerdem geben die Berliner Studenten bisher nur wenig Geld für Fahrkarten ins Umland aus – also wären auch nur kleine Beträge umzulegen. „Wenn die Studenten leere Regionalbahnen füllen, dann tut das niemandem weh“, argumentiert VBB- Chef Uwe Stindt.

Trotzdem will die BVG für die Zone C als zusätzliche Option 15 Mark monatlich verlangen, also 90 Mark zusätzlich je Semester. Für ganz Berlin und Brandenburg kursiert bei der S-Bahn gar ein Preis von 350 Mark je Semester.

Ob sich der VBB durchsetzt oder die einzelnen Verkehrsunternehmen, entscheidet letztlich Verkehrssenator Jürgen Klemann (CDU). „Der VBB ist für uns der wesentliche Partner“, erklärt dessen Nahverkehrsreferentin Carola Jeschke. Die BVG müsse sich daran gewöhnen, daß sie in der Tarifpolitik nicht mehr allein „das Heft in der Hand“ habe. Ralph Bollmann

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