: Wer nicht mitlacht, hat verloren?
■ betr.: „Äch bin wieder da!!“, taz vom 28. 7. 98
Nur um noch mal auf Art Spiegelmans „MAUS“-Comic zurückzukommen: Die Kategorie Non- Fiction, wie sie im NY Times Book Review auftaucht, ist mit „Sachbuch“ nur unzureichend übersetzt. Vielmehr tauchen hier auch zahlreiche Autobiographien und Biographien auf. Spiegelman ging es damals darum, das MAUS nicht als Fiction (Erfundenes, ausgedachte Erzählung, sondern als tatsächlich erlebte Lebensgeschichte (joint biography) – seines Vaters und seiner selbst – verstanden wird. Schon aus diesem Grund macht es keinen Sinn, den Hitler- Comic mit MAUS in eine Tüte zu stecken. Spiegelman hat Tabus der Darstellung gebrochen, und für die Geschichte eines Holocaust-Überlebenden eine Bildersprache gefunden, die das Thema nicht durch Lächerlichkeit entwertet.
Die Art, in der Moers in seinem Hitler-Comic das Böse banalisiert, ist für mich ein billiger und in keinster Weise innovativer Trick, um Aufmerksamkeit zu erregen. Weil er doch wie alle westdeutschen Kinder unserer Generation, die in den Genuß höherer Bildung kamen, weiß, wie sehr sich das politisch korrekte Establishment darüber aufregen wird. Wenn er weiter nichts zu erzählen hat, und deshalb die Verkaufszahlen mit pseudokontroversen Episödchen in die Höhe zu treiben versucht, sollte er mal eine künstlerische Pause einlegen. Anne Lipphardt, Chicago, USA
Soviel steht fest: der neue Moers-Comic ist schon heute ein Bestseller. An Gymnasien und Realschulen gibt es wohl kaum eine Klasse ohne „Adolf“. Sicher – die meisten (verkrampften) Steinzeit- Nazis werden ihn hassen, aber auch viele Sozialkunde-Lehrer des Jahrgangs 68. Denn mit Betroffenheit, Kollektivscham und masochistischer Aufarbeitung der Vergangenheit läuft nun nichts mehr im Unterricht. „Adolf“ ist kaum mehr als eine Witzfigur, die – sobald der Name fällt oder das Bärtchen zu sehen ist – bei fast allen Beteiligten schallendes Gelächter auslöst. Lachen befreit die verklemmte Seele und löst jeden Krampf. Wer nicht mitlacht, hat verloren. Michael Krämer, Miesbach
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