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■ Die Kappungsgrenze für Mieterhöhungen soll fallenFolgenschwere Marktgläubigkeit

Reihenhäuser, wohin das Auge blickt, schmucke Siedlungen am Stadtrand, Leerstand in den Innenstädten – von Wohnungsnot ist hierzulande, so scheint es, keine Rede mehr. Das mag sich auch die CDU/ CSU-Fraktion samt ihres Interimsbauministers Eduard Oswald gedacht haben. Wozu bedarf es in Ballungsgebieten einer Kappungsgrenze gegen Mieterhöhungen, wenn der Markt endlich das regelt, was man sich so lange von ihm erhofft hat, wenn Phantasiemieten auf den Boden der Tatsachen fallen und mancherorts der Mietwohnungsmarkt zu einem Angebotsmarkt geworden ist, bei dem vor allem die Nachfrager profitieren?

In der Tat ist nach der Wende das Wohnungsangebot – nicht zuletzt aufgrund der Steuergeschenke der Bundesregierung – von Flensburg bis Garmisch, von Aachen bis Görlitz sprunghaft angewachsen. Was freilich nicht stieg, ist das Angebot an bezahlbarem Wohnraum. Im Gegenteil: Monat für Monat fallen Tausende Wohnungen aus der Mietpreis- und Sozialbindung oder werden in teure Eigentumswohnungen umgewandelt. Einzig die Kappung der Mieterhöhung auf 20 Prozent innerhalb von drei Jahren war in den Ballungsgebieten noch dazu geeignet, dem jährlich davongaloppierenden Mietspiegel einen Restbestand an bezahlbarem Wohnraum abzuringen.

Fällt nun auch diese Grenze, könnten sich die vielbeschworenen Selbstheilungskräfte des Marktes aber auch anderweitig bald in ihr Gegenteil kehren. Schon heute vergeht kaum ein Tag, an dem nicht von sozialen Brennpunkten und Verarmung in den Innenstädten die Rede ist. Gleichzeitig wachsen Stadtflucht und die Zersiedelung des städtischen Umlands. 120 Hektar Siedlungsfläche werden derzeit täglich bebaut, hat erst vor kurzem das Eduard-Pestel-Institut in Hannover errechnet. Anfang der neunziger Jahre waren es „nur“ 70 Hektar gewesen.

Die Stadtflucht ist freilich nicht, wie es gerne behauptet wird, allein Ausdruck sich verändernder Lebensstile. Sie hat ihren Grund auch in der stetig wachsenden Mietpreisspirale in den Innenstädten – ein Trend, der mit der Aufhebung der Kappung ab 1. September die Städte bald schon vor unlösbare Aufgaben stellen könnte. Nicht blinde Marktgläubigkeit wäre daher in der Wohnungspolitik vonnöten, sondern die Einsicht, daß sich der Bund seine Städte etwas kosten lassen muß – um zu verhindern, daß die Folgekosten für die in den Ballungszentren produzierten sozialen und ökologischen Probleme ins Unermeßliche steigen. Uwe Rada

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