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Nicht nur die Vorurteile wachsen über dem Himmel der Trabantenstadt Tenever

■ Ein Sommerspaziergang der eigenen Art: Naturschützer führen durch das Feuchtbiotop Tenever. Zwischen den Hochhauskellern und dem Oytener Königsmoor wächst so manche berührte Natur

In Tenever wachsen die Hochhäuser in den Himmel und die Träume. Und es wachsen die Vorurteile über Tenever, das Leben im Betonsilo, zwanzig Stockwerke von Mutter Erde entfernt und ein halbes Leben weit weg vom wirklichen.

Aber welcher Schwachhausen-Bremer hat sich schon umgeschaut in Bremens Osten, wo die Stadt sich ins Rund der Autobahn schmiegt? Kommen Sie und gucken Sie sich's mal an, lädt die Naturschutzgruppe Tenever ihre Bremer Nachbarn für die kommende August-Woche ein und verspricht einen verblüffenden Sommerspaziergang: Sie werden erstaunt sein, was Klein-Manhattan an Natur so alles zu bieten hat.

Tenevers Randgebiete zum Beispiel: Der Bultensee mag vom ökologischen Standpunkt her vielleicht noch nicht ganz zu überzeugen – aber für eine Erfrischung vor dem Spaziergang taugt er allemal: Wurde der kleine Badesee doch in diesem Frühjahr in einer Gemeinschaftsaktion von DLRG und Naturschützern kräftig aufgepäppelt. Rechts rüber, im Embser Mühlengraben kann dann die Seele baumeln. Mit wirrem Blick verfolgt sie Libellenschwärme über dem Feuchtbiotop; das entfaltet hier seit drei Jahren im Ausgleich zur Tenever-Süd-Bebauung sein kleines Eigenleben. Nett ist es in Begleitung des Teneverschen Gewässerschützers (und Hort-Kochs) Jens Kölling: Der hebt die Libellen vorsichtig aus dem feuchten Grund und erzählt vor schwirrenden Flügeln aus ihrem Leben.

Jenseits von Bulten- und Behlingsee beginnt das einstige Oytener Königsmoor. „Eine Naturoase vor unserer Haustür“, finden die Naturschützer von Tenever – aber es ist nicht immer ganz einfach die kleinen Oasen in der Wüste des landwirtschaftlich befriedeten Moores zu finden. Auch hier also ist dem naturblinden Bremer Stadtbewohner auf seiner Suche nach Waldeidechsen und Spiegelfleck-Dickkopffaltern, Moosbeeren, Rosmarinheide und Sonnentau die Begleitung durch eine kundige TeneveranerIn zu empfehlen. Und wer seinen Spaziergang durch Tenevers Randgebiete zu einer Tageswanderung ausweiten möchte, wende sich langen Schrittens gen Nordwesten, wo diesseits der Kleingärten „Grüne Oase“ die Wümmewiesen beginnen.

Dies alles aber zeigt nur die eine Seite des Soziotops: Seine andere Seite findet sich mitten drin in Tenever. Kids aus den Kitas haben hier eine große Wanderausstellung gestartet, die zeigt: Auch die in Jahrzehnten rechnende Trabantenstadt hat längst ihr heikles Naturgleichgewicht gefunden – mit Fußtritt-resistenten Insekten und seltenen Moosen, Geflechten und Spinnen in den Kellergewölben. Von den Kindern wird diese Natur in Schaukästen für die Nachwelt konserviert: Guckt her, dass ist in der Architektur eines irres 20. Jahrhundert entstanden. Doch schon heute machen sich auch die Wissenschaftler auf ihre Entdeckertour. Die Biologin Ragna Mißkampf kartierte die gesamte Pflanzenwelt von Tenever. Auch davon werden Ihnen bei Ihrem Sommerspaziergang die Naturschützer in Tenever gerne berichten. ritz

Ökologische Spaziergänge durch Tenever nach telefonischer Vereinbarung unter Tel.: 425769 (auf dem Anrufbeantworter Name und Telefonnummer hinterlassen!)

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