piwik no script img

Hilfskräfte sollen Uni-Etats sanieren

■ Radunski fordert von den Hochschulen die Kündigung des Tarifvertrags für studentische Beschäftigte. Bezahlung soll um ein Viertel gekürzt werden. Bei universitärem Widerspruch droht Kürzung der Landes

Wissenschaftssenator Peter Radunski (CDU) will die Hochschulen vertraglich verpflichten, ihre Tutoren und wissenschaftlichen Hilfskräfte schlechter zu bezahlen als bisher. Die Rektoren und Präsidenten sollen „darauf hinwirken, daß der bestehende Tarifvertrag mit dem Ziel gekündigt wird, Ausstattungsvorsprünge abzubauen“. Diesen Passus will die Wissenschaftsverwaltung in die Verträge aufnehmen, die die Hochschulfinanzen im Jahr 2001 regeln. Das geht aus einer Vorlage für die erste Runde der Vertragsverhandlungen im Juni hervor, die erst jetzt bekannt wurde.

Seit einem Streik der studentischen Beschäftigten im Jahr 1986 ist deren Status in Berlin als einzigem Bundesland durch einen Tarifvertrag mit den Gewerkschaften geregelt. Danach erhalten die Tutoren derzeit 20,31 Mark brutto pro Stunde, die meisten anderen Hiwis 18,57 Mark.

Der Vertrag ist Radunski schon lange ein Dorn im Auge. Bereits vor einem Jahr rechnete seine Verwaltung vor, daß diese Sätze um bis zu 5 Mark höher liegen als in den meisten anderen Bundesländern. Auch andere Vergünstigungen wie ein Weihnachtsgeld oder eine „Freistellung für Tod des Ehegatten“ würden „nicht in allen Ländern gewährt“. Im vergangenen Winter erklärte der Senator gar den streikenden Studenten, der Tarifvertrag sei eine der Ursachen für die von ihnen beklagten Studienbedingungen. Der Anteil der Ausgaben für studentische Beschäftige an den Hochschuletats ist jedoch vergleichweise gering.

Gleichzeitig hatte der Senator stets betont, daß die Verträge mit den Hochschulen keine reinen Finanzverträge seien. Neben der Höhe der Landeszuschüsse möchte er darin auch Maßnahmen zur „Studienreform“ festschreiben, etwa eine regelmäßige Bewertung von Forschung und Lehre oder eine Straffung der Prüfungsorganisation. Eine dieser „Zielvereinbarungen“ soll die Hochschulen jetzt dazu bringen, ihre Stimmen in der Vereinigung der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes (VAdöD) für die Kündigung des Tarifvertrags in die Waagschale zu werfen. Dort verfügen sie über die gleiche Stimmenzahl wie das Land, das der Innensenator vertritt. Setzen die Unis eine solche „Zielvereinbarung“ nicht um, müssen sie mit Kürzungen der Zuschüsse rechnen.

Die Hochschulen selbst wollten sich gestern zu Radunskis Forderung noch nicht äußern. Die Sprecherin der Humboldt-Universität (HU) teilte lediglich mit, HU-Präsident Hans Meyer habe als Vorsitzender der Berliner Hochschulrektorenkonferenz seine Kollegen um eine Stellungnahme gebeten. Voraussichtlich Anfang September werde sich das Gremium auf eine gemeinsame Haltung in der Hiwi- Frage festlegen.

Unterdessen warnte die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in einem Schreiben an die Uni-Chefs davor, Radunskis Forderung zu akzeptieren. Die „völlig unterschiedliche Rolle studentischer Beschäftigter“, die in Berlin ein „fester Bestandteil der Personalstruktur“ seien, verbiete einen Vergleich mit anderen Bundesländern, schreibt der Referatsleiter Hochschule und Forschung, Folker Schmidt. Notfalls werde die Gewerkschaft „das Wintersemester mit einem Arbeitskampf einläuten“.

Auch der PDS-Abgeordnete Benjamin Hoff hält den Tarifvertrag gerade angesichts der Finanznot für unverzichtbar. Er sei die Grundlage des „Berliner Tutorenmodells“, das zur Linderung der „haushaltsbedingten Defizite in der Lehre“ beitrage. Radunskis Sprecher betonte hingegen, Tutoren gebe es überall. Sie funktionierten „andernorts auch ohne Tarifvertrag“. Ralph Bollmann

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen