: Stiller Applaus für das Nadelöhr
■ Am Wochenende trafen sich 115 „Profis“ zu den 13. Hamburger Internationalen Minigolf-Meisterschaften. Dabei galt es vor allem, den richtigen aus 3500 verschiedenen Bällen zu wählen
„Yes!“ Eine laute Männerstimme schallt über den Platz. Gaby Rahmlow lächelt nachsichtig. „Eigentlich soll man hier nicht so 'rumschreien“, erklärt die 35jährige, „sonst können sich die anderen nicht mehr konzentrieren.“ Die sportliche Frau im Vereinstrikot des SV Lurup hätte ebenfalls Grund zu jubeln: Mit einem einzigen Schlag bringt sie den Ball dazu, über zwei Hügel zu rollen, eine Steigung hinauf und schließlich in ein handtellergroßes Loch. Das ist aber nicht ungewöhnlich – die Angestellte des Finanzamtes ist Weltmeisterin im Minigolf.
„Im Bahnengolf“, verbessert ihr Vereinskollege Sieghardt Quitsch, „Miniaturgolf ist nur die Bezeichnung für bestimmte Bahnen.“ Quitsch ist Mitorganisator der 13. Hamburger Internationalen Miniaturgolf-Meisterschaften, deren Endrunden gestern in Lurup ausgetragen wurden. 115 TeilnehmerInnen waren aus ganz Deutschland, Dänemark, Luxemburg und Malta angereist, um die 18 Bahnen voller Hügel, Spiralen und tückischer Nadelöhre zu bezwingen.
„Man kommt einfach nicht wieder davon los“, erklärt Gaby Rahmlow ihre Begeisterung für diese Sportart. „Schön ist, daß man draußen ist und viel herumkommt.“ Sie spielt seit 25 Jahren, reist an drei von vier Wochenenden im Monat zu Turnieren. Trainiert wird vor allem Konzentration und die richtige Ball-Auswahl. Denn bei 3500 verschiedenen Minigolf-Bällen kann man nicht einfach irgendeinen nehmen, wie es diletantische Spieler etwa auf Campingplätzen tun.
Wer die Theorie beherrscht, prüft vor dem Turnier, welcher Ball für welche Bahn am geeignetsten ist. In Lurup beispielsweise greift Gaby Rahmlow zu einem harten Modell. „Dieser Ball bleibt gut an der Bande und springt nicht“, weiß sie. Und tatsächlich rollt die kleine Plastickugel pflichtgemäß die Bahn entlang, dreht eine Runde an der Bande, prallt von einem Kegel ab und landet im Loch – ein „As“.
„Unsere Sportart wird ja oft ein bißchen belächelt“, bedauert Quitsch, „aber wenn die Leute dann sehen, mit welcher Perfektion wir das betreiben, ändern sie oft ihre Meinung.“ Immerhin dauere ein Turniertag bis zu 14 Stunden. Trotzdem ist Bahnengolf eine Sportart „für die ganze Familie“, schwärmt Quitsch. An den Bahnen auf dem sonnenbeschienenen Platz schwingen jung und alt ihre Schläger in 12 verschiedenen Klassen, von „Schüler“ bis „Senioren, Altersklasse 2“. Partyzelte sind aufgebaut, es wird gegrillt, und am Eingang gibt es eine Tombola zugunsten der Alsterdorfer Anstalten. Die Atmosphäre erinnert eher an ein Sommerfest denn an ein Grand-Prix-Turnier – was die Meisterschaft aber ist, betont Quitsch. Die Punkte zählen für die Bundesrangliste.
Viel Publikum lockt der Wettbewerb dennoch nicht. „Wir hätten schon gerne mehr Zuschauer“, räumt Rahmlow ein, „aber unser Sport ist halt nicht so medienwirksam wie Tennis oder Fußball.“ So bekommt ihre Mitspielerin Angelika Wiltafsky statt tosendem Applaus nur ein freundschaftliches „Schön, Geli“ zu hören, als sie mit einem Schlag das „Labyrinth“ schafft.
In der Endrunde spielen nur noch die rund 40 „Profis“ – der Rest ist in einer Vor- und Zwischenrunde am Freitag und Sonnabend ausgeschieden. Sebastian Golleder vom Minigolfclub Wolnzach ist extra aus Bayern angereist. Mit seinen Ergebnissen in der Endrunde ist er zufrieden, nur für das Labyrinth brauchte er vier Schläge. „Dabei ist das eigentlich eine As-Bahn“, ärgert er sich. Aber es gebe beim Minigolf zum Glück keine „Konkurrenz auf Biegen und Brechen“.
Immerhin winkt am Ende des Turniers eine Siegerehrung mit Treppchen. Das durften gestern als Sieger in ihren Klassen Gaby Rahmlow und Udo Rathje (Niendorfer MC) besteigen. Die beiden Champions sind privat ein Paar – sie haben sich beim Minigolf kennengelernt.
Heike Dierbach
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen