: Bunkermuseum: Überleben im Inferno
■ Im klotzigen Betonbunker wird erinnert an Terror und Bombenkrieg, an Zerstörung und Aufbau
Emden. Sieben fensterlose Etagen, hinter deren meterdicken Betonmauern es auch im Hochsommer nie zu warm wird: In dem klotzigen Hochbunker, einem Ort des Überlebens im Zweiten Weltkrieg, haben Emder Bürger mitten im Zentrum ein bundesweit einzigartiges Museum eingerichtet. Das Bunkermuseum erinnert an Alltag und Terror im Nationalsozialismus, an Bombenkrieg, Zerstörung und Wiederaufbau in Ostfriesland.
Die Museumsidee, die ein paar Emder – darunter ein Hotelier, ein Kriminalbeamter und ein Heimatforscher – Ende 1993 am Stammtisch ausheckten, mutete zunächst selbst bei wohlwollender Betrachtung skurril an. Ein knappes Jahr später schmunzelte niemand mehr über die Museumsgründer und ihren Verein. Am 50. Jahrestag der Zerstörung Emdens – vier Fünftel der ostfriesischen Hafenstadt wurden am 6. September 1944 während eines nur 18 Minuten dauernden Bombenangriffs in Schutt und Asche gelegt – wurde das Bunkermuseum eröffnet. Im Vorjahr kamen über 8.000 Besucher aus dem In- und Ausland.
Mit der Zahl der Exponate, die Emder Bürger auf ihren Speichern zu Tage förderten und dem Museumsverein für die authentische „Möblierung“ des Bunkers stifteten, wuchs das inhaltliche Konzept der Ausstellung. Der harte Kern von fünf rührigen ehrenamtlichen Museumsmachern wurde immer professioneller bei der Erweiterung und Vertiefung der Ausstellungsinhalte zu einer historisch-politischen Dokumentation der Zeit zwischen 1933 und dem Wiederaufbau der 50er Jahre. Mitarbeiter vom „Museum 1939-1945“ im niederländischen Uithuizen und Studierende der Fachhochschule Ostfriesland leisteten willkommene wissenschaftliche Hilfe.
Längst wurden die lokalen Grenzen überschritten. Zwei Drittel der Ausstellungsgegenstände haben regionalen Bezug, ein Drittel verdeutlicht den Gesamtzusammenhang. Zeittafeln, Führungsblätter, eine Dia-Schau sowie Beschallung mit Original-Reden, -Geräuschen und -Musik begleiten die BesucherInnen auf ihren Weg durch 31 Bunkerräume, die einst Schutz boten für 360 Menschen. Hauptattraktion aber sind die ausgestellten Objekte, darunter komplette Wohnungseinrichtungen, Bunkermobiliar und Volkssturm-Utensilien. Aus Schleswig-Holstein wurden Granatbomben herangeschafft, die jüngste erworbene Rarität ist eine Gasmaske für Pferde.
Bis auf 40 Menschen überlebten alle rund 30.000 Einwohner von Emden das September-Inferno in Bunkern, von denen heute noch 31 existieren. Gebaut wurden sie von Zwangsarbeitern, Kriegsgefangenen und KZ-Häftlingen. Auch daran erinnert das „Mahnmal gegen das Vergessen“. Der Museumsverein darf den Bunker – Eigentum des Bundesvermögensamtes – unbefristet und kostenlos nutzen. „Im Ernstfall müßten wir allerdings dem Zivilschutz weichen“, so Schriftführerin Hillgriet Eilers.
(Das Emder Bunkermuseum in der Holzsägerstraße 6 ist von Mai bis Oktober von 10 bis 13 Uhr und von 15 bis 17 Uhr geöffnet.)
Karin Güthlein/dpa
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