: Wirtschaftlich gedacht
■ Großenbrode: Geplantes Heim für Behinderte stört einen Sporthotel-Investor
Hans-Heinrich Schröder tut es in der Seele weh. In Großenbrode ist der CDU-Abgeordnete geboren, aufgewachsen „und immer wieder hierher zurückgekehrt“. Und nun habe sein Heimatort im öffentlichen Ansehen einen Schaden erlitten, der „kaum mehr zu reparieren sein wird“. Denn nun hänge der kleinen Gemeinde in Ostholstein der Makel der Behindertenfeindlichkeit an – nur, weil sich die GemeindevertreterInnen beim Verkauf eines Grundstückes gegen einen Investor entschieden haben. Und damit gegen ein Ferienheim für Behinderte.
Von „nur“ kann aus Sicht der Freien Wählergemeinschaft „Bürger für Großenbrode“ indes keine Rede sein. Die forderte sogar den Rücktritt des CDU-Bürgermeisters Hartmut Deiterding. Ein Großteil der OrtsbewohnerInnen stehe dem Behindertenheim aufgeschlossen gegenüber. „Wenn die CDU jetzt meint, wirtschaftliche Gründe nennen zu müssen, dann muß sie das so vertreten“, sagt Monika Klein, unabhängiges Mitglied der Gemeindevertretung. „Zu Anfang wurden da ganz andere Töne laut.“
Der Beschluß wurde auf einer nichtöffentlichen Sitzung gefaßt. Darüber, wie die Debatte verlief, haben alle Beteiligten Stillschweigen vereinbart. Auch Schröder betont, er könne nur für sich selber sprechen, und er selber habe gegen diesen Investor gestimmt. Aus rein wirtschaftlichen Gründen, beteuert er. Die scheinen tatsächlich ausschlaggebend gewesen zu sein. Ein zweiter Investor, der das Nachbar-grundstück kaufen wollte, hat nämlich mit seinem Rücktritt von diesem Ansinnen gedroht. Er wolle ein Familien- und Sporthotel eröffnen, jedoch nicht in unmittelbarer Nachbarschaft zu Schwerst- und Mehrfachbehinderten.
Ein Runder Tisch soll nun für Ruhe in der Gemeinde sorgen. Auch den mußten sich die „Bürger für Großenbrode“ jedoch erst erkämpfen. Bürgermeister Deiterding hatte die Einrichtung zunächst abgelehnt, da er „keinen Bedarf“ ausmachen konnte. Erst nach Intervention einer „höheren Instanz“, die Klein nicht näher benennen will, habe er dem „Runden Tisch“ schließlich zugestimmt.
Elke Spanner
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