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Ein doppelter (Fall-)Rückzieher

■ Italiens Doping-„Skandal“ wird zur Posse. Zeman mildert Vorwürfe, Vialli findet den „Kreuzzug“ des Rom-Trainers plötzlich berechtigt

Rom (taz) – Außer Krach nichts gewesen? Nach der Anhörung des Trainers vom AS Rom, Zdenek Zeman, zu den von ihm erhobenen Dopingvorwürfen bei Italiens Fußballern sieht der oberste Nationale Sportverband Coni zwar weiteren Klärungsbedarf und hat fünf Sportmediziner – darunter die Vereinsärzte von Rom und Juventus Turin – sowie mehrere weitere Trainer zur Einvernahme bestellt. Doch gleichzeitig scheint sich der Skandal wesentlich zu reduzieren. Zeman sagte den erlauchten Sportoberen, er habe im wesentlichen vor allem auf den „exzessiven, oft von den Vereinsmedizinern geförderten Arzneimittelmißbrauch seitens der Profifußballer hinweisen wollen“. Darüber hinaus habe er „einfach Schlüsse aus offenbaren Tatsachen gezogen“. Wie etwa im Falle der beiden von ihm expressis verbis genannten Gianluca Vialli (vordem Sampdoria Genua, derzeit Spielertrainer beim englischen FC Chelsea) und Alessandro Del Piero (Juventus Turin), „deren Muskeln innerhalb kurzer Zeit so zugenommen haben, wie sie nur bei Einnahme verbotener Stoffe wachsen können“.

Doch während Zeman sich außer stande erklärte, konkrete Beweise für die systematische Einnahme von Dopingsubstanzen vorzulegen, kam nahezu gleichzeitig ausgerechnet von einem der namentlich Genannten ein halbes Eingeständnis: Gianluca Vialli ließ wissen, daß er Zemans „Kreuzzug“ für durchaus legitim und notwendig erachte und daß seine erste Reaktion auf die Attacken des Rom-Trainers („wir kennen diesen Terroristen ja alle“) nur deshalb so bitterböse gewesen sei, weil „der eben einfach zwei Namen herausgegriffen und uns damit zu einer Art Sündenbock für alle gemacht“ habe.

Zeman jedenfalls wird auch nach seinem halben Rückzieher noch keine Ruhe haben: Er muß nun auch vor der Staatsanwaltschaft in Turin aussagen. Die will, ähnlich wie die französische bei der Tour de France, Doping neuerdings nicht mehr bloß unter dem Aspekt der Verabreichung oder Einnahme verbotener Substanzen, sondern vor allem als eine massive Form des Betrugs untersuchen. Werner Raith

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