Bilder im Kopf, Shanties im Ohr

■ „Black out“ – Eine Performance in vollständiger Dunkelheit

Zwei mal zwei Vorhänge und dahinter Dunkelheit, schwärzer als die Nacht. Buchstäblich nicht die Hand vor Augen erkennen konnten die sehenden Besucher am Dienstag im Foolsgarden bei der begehbaren Installation Black out des Vereins Blinde & Kunst. Noch bis zum Sonnabend finden im umgestalteten Zuschauerraum der Kleinkunstbühne an der Bornstraße musikalische, literarische und magische Veranstaltungen statt.

Zur Beach Party mit Live-Musik hatte man am Dienstag geladen. Blinde Mitglieder des seit drei Jahren bestehenden Vereins führen die im Dunkeln orientierungslosen Sehenden. Muscheln knirschen unter den Füßen, dann quietscht leise der Sand, Wind weht und das Meer rauscht.

Die blinden Führer drücken die Besucher sanft auf die Sitzgelegenheiten: Schlauchboote, Strandkorb und einige Stühle. Nichts, wirklich gar nichts ist zu sehen. Aber aus den Geräuschen, dem Gefühl des Sands unter den Füßen und dem leichten Schwanken des Schlauchbootes formen sich Bilder im Kopf: weißer Strand, blauer Himmel, grünes Meer. Jemand findet eine Ananas. Ein anderer öffnet eine Flasche Sonnenmilch, die sofort den typischen Geruch nach Sommer und Baden verströmt.

Im allgemeinen Tasten und Erfahrungsaustausch bieten die Gastgeber Getränke feil. Aber wie bezahlen im Dunkeln? Ist der Groschen größer als das Fünfzig-Pfennigstück? Kein Problem, die Experten im Nicht-Sehen erkennen die Zahlungsmittel und geben das Wechselgeld korrekt raus.

Trotz der Unsicherheit, die einen in dieser Schwärze beschleicht ist die Stimmung locker, Gespräche ergeben sich von ganz allein. In diese Atmosphäre mischen sich Klaviermusik und Gesang: Michael Prott und Karin Tschamper lassen Gospels erklingen. Die Köhmnesen schließen sich nach einer kurzen Pause an – in der wer will an die frische Luft oder auf die Toilette geführt wird. Brüchige Stimmen, Banjo und Mundharmonika sind der richtige Rahmen für Shanties, die das Publikum ungeniert mitsingt. Die Überraschungsstars des Abends sind: Martin Heim und Alexander Goretsky, die mit größter Selbstverständlichkeit im Dunkeln musizieren. Im Stile einer Disseuse wandelt Martin Heim durch den Raum, während er seine Chansons über Liebe und Einsamkeit mit warmem Timbre vorträgt.

Iris Schneider