: 37 Kilo für einen Joint
■ Hanf-Produkte liegen im Trend – doch der Anbau des umweltfreundlichen Rohstoffs ist hierzulande immer noch nicht legalized Von Christoph Ruf
Horst Sagunski ist Optimist: „Hanf erlebt derzeit den großen Boom. Irgendwann wird auch in Deutschland das Anbauverbot nicht mehr zu halten sein“, sagt der Betreiber des „Hanfhauses“ am Eppendorfer Weg 1, das am Montag seine Pforten öffnet. Zusammen mit zwei MitarbeiterInnen bietet Sagunski auf zwei Etagen von Textilien bis Waschpulver (fast) alles an, was sich derzeit aus „Cannabis sativa“ (vulgo: Hanf) herstellen läßt. Ob Kosmetikartikel, Möbelwachs oder Briefpapier – alles ist aus „dem umweltfreundlichen Rohstoff Hanf“ hergestellt.
Besonders zuversichtlich stimmt den „gelernten bildenden Künstler“ Sagunski dabei, daß er mittlerweile auch Waren anbieten kann, die immerhin im Inland verarbeitet wurden. Schließlich hatte es ganze 50 Jahre gedauert, bis ein Berliner Tüftler die ursprünglich auch in Deutschland gepflegte Kunst der Hanfölgewinnung wiederentdeckte. „Ein Zeichen, daß sich in Deutschland etwas tut“, gibt sich Sagunski hoffnungsfroh. Und verweist stolz auf die Tatsache, daß sich mittlerweile in fast jeder größeren deutschen Stadt eine „Hanfhaus“-Filiale befindet. „Die gegenwärtige Entwicklung wird von vielen als modischer Trend begriffen. Dabei hat die Verarbeitung von Hanf eine uralte Tradition. Bis weit in die 30er Jahre hinein war Hanf der weltweit bedeutendste Rohstoff“.
Bis es der Papierlobby in den USA gelang, das zarte Pflänzchen als üble Droge in Mißkredit zu bringen. Und obwohl der Gehalt des betörenden Wirkstoffs THC im Industrie-Hanf kaum mehr meßbar ist – „du bräuchtest 37 Kilo davon, um dir einen Joint zu bauen“ – hält Bonn nach wie vor am strikten Verbot des Hanfanbaus fest.
„Es ist erschreckend, welch geringen Kenntnisstand die verantwortlichen Politiker von Hanf haben“, bestätigt Ditmar Bosseke von „Globetrotter Ausrüstung“. Umweltministerin Angela Merkel betrachte Hanf lediglich als „schlimme Droge“. „In anderen EG-Ländern ist man da viel weiter. Teilweise werden den Bauern dort sogar Subventionen für den Cannabis-Anbau bezahlt.“ Nicht so in Bonn, wo der Erkenntnisstand der dreißiger Jahre mit Zähnen und Klauen verteidigt wird. Und so ist man bei „Globetrotter Ausrüstung“ gezwungen, den kostbaren Rohstoff aus China zu importieren. Das hat zur Folge, daß in Hamburg für ein aus Hanf gefertigtes Hemd beispielsweise 149 Mark auf den Tisch gelegt werden müssen. Dafür hat die hanseatische Wanderzunft („der Hauptabnehmer“) allerdings auch die Gewähr, daß das kostbare Stück schon auf Expeditionen zu so exotischen Zielen wie dem Himalayastaat Bhutan auf sein „Scheuerverhalten“ hin getestet wurde.
Das Ergebnis rechtfertige den Preis, meint Bosseke: „Im Gegensatz zu Baumwolle trägt sich Hanf sehr luftig, auch bei hohen Temperaturen bleibt der Körper trocken.“ Wegen der relativ geringen produzierten Stückzahlen könne der Preis nicht gesenkt werden. Sehr zur Freude der „Lobbyisten, unter anderem aus der Öl- und Baumwollindustrie“, die den unliebsamen Konkurrenten erfolgreich an den Rand gedrängt haben.
Das „Hanfhaus“ sieht der experimentierfreudige Kaufmann daher weniger als „Konkurrenz denn als Verbündeten“ im Kampf gegen Lobbyismus und Ignoranz. Und Horst Sagunski freut sich über „positive Signale“. Immerhin habe der Kieler SPD-Politiker Manfred Sickmann bereits erklärt, kein Mensch käme auf die Idee, „den Kartoffelanbau zu verbieten, nur weil unsere Eltern auch Schnaps daraus gebrannt haben“.
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