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Es gibt keine Alimente

■ betr.: „Geschlechterreferent soll die Männer anstiften“, taz vom 8./9. 8. 98

Daß die Heinrich-Böll-Stiftung ihre Frauen und Männer per Statut auf „Geschlechterdemokratie“ verpflichtet hat, ist mir als „Mutter“ (nach Ute Scheub) dieses Begriffes eben von Anfang an recht gewesen. Daß es neben mir dabei einen Vater der Geschlechterdemokratie gegeben haben soll, nämlich den Berliner Männerforscher Prof. Dr. Walter Hollstein, der das Copyright darauf erhebt, hat Ute Scheub nicht hinreichend recherchiert. Zumindest gibt es keine Alimente, von Honorcredits ganz zu schweigen. Das Zitierkartell innerhalb und außerhalb der akademischen Geschlechterforschung verleugnet bereits meinen Beitrag zur Entstehung des Begriffes. Die Enteignung meiner Arbeit soll zumindest von mir beim Namen genannt werden. Erfreulicherweise ist der Begriff der Geschlechterdemokratie mittlerweile etabliert. Das läßt aber vergessen, daß ich Anfang der 90er Jahre systematisch auf der Suche nach einem Begriff war, der die Verantwortlichkeit (accountability) von Männern in der Gewaltdebatte sowohl politisch-theoretisch als auch praktisch als Demokratieproblem benannt haben wollte. In den USA fand ich dann, wonach ich gesucht hatte: eine profeministische Männerbewegung und eine demokratisch verantwortete Politik und Praxis gegen Gewalt (DAIP-Domestic Abuse Intervention Project in Duluth, Minnesota). Mein wohlüberlegtes, lobendes Angebot dort, das als Praxis von Geschlechterdemokratie zu kennzeichnen, fand begeisterten Anklang, was mich wiederum ermutigte, mich mit der häßlich kingenden deutschen Übersetzung abzumühen.

Im Rechercheauftrag der damaligen österreichischen Frauenministerin Johanna Dohnal brachte ich damals, 1991, tatsächlich etwas Neues aus der Neuen Welt mit. In der Dokumentation: Test-the- West-Geschlechterdemokratie und Gewalt ist die von 1992–1993 erfolgte Kampagne der Bundesministerin Johanna Dohnal in Österreich nachzulesen. Das zunächst in Deutschland als Wortungetüm empfundene Neue rief sofort Kritiken als auch Interessse hervor, und ich blieb zunächst lange allein, den in dem Begriff enthaltenen Anspruch nach Geschlechterdemokratie auszuformulieren. Dabei kam es mir nie auf eine Definition an, sondern wohlweislich darauf, den Anspruch und die Kritik eben an der fehlenden Geschlechterdemokratie allerorten zum Problem zu machen. Besonders die Frauen, insbesondere aber Helga Lukoschat, Helga Braun, Gunda Werner und Dörthe Jung aus füheren Frauenanstiftungszusammenhängen haben bewußt diesen Terminus adaptiert, um die Geschlechterrhetorik bei den Grünen nicht nur formal zu demokratisieren. Es war nicht so einfach, wie das jetzt klingt.

Also Ehre, wem Ehre gebührt, ansonsten sehe ich es durchaus als Erfolg an, so zur Verbreitung der Geschlechterdemokratie beigetragen zu haben. Halina Bendkowski

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