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Griechischlehrer, sponsored by Papi

■ Eltern des Gymnasiums Christianeum bezahlen Lehrer. Sponsoring-Richtlinie geplant

Seit heute werden am Othmarscher Gymnasium „Christianeum“ zwei Lehrer nicht mehr von der Schulbehörde, sondern privat bezahlt. Der Elternverein hat einen Griechisch- und einen Mathelehrer engagiert. Damit sichern die Väter und Mütter ihren Kindern zusätzlichen Unterricht – und sorgen rechtzeitig zu Beginn des neuen Schuljahres für neuen Zündstoff im Streit um die geplanten Kürzungen an Hamburgs Schulen.

„Das ist der beste Beweis dafür, daß den Eltern die staatliche Unterrichtsversorgung nicht mehr reicht“, argumentiert Peter Göbel, Geschäftsführer der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Zudem, fürchtet er, „führt das Modell zu einer schleichenden Privatisierung des Schulwesens“.

Mit dieser Angst steht die Gewerkschaft nicht allein. Auch die drei großen Hamburger Parteien sehen die Gefahr einer Zwei-Klassen-Bildung. Sowohl CDU als auch SPD und GAL betonen, daß eines nicht passieren darf: daß gut betuchte Eltern in Pöseldorf und Blankenese LehrerInnen kaufen und so den Stellenplan aufpolieren, während SchülerInnen in sozial gebeutelten Stadtteilen sich mit dem bescheiden müssen, was die Behörde ihnen gibt.

Dabei ist das nicht wenig, sagt Viola Griehl, Sprecherin der Behörde für Schule, Jugend und Berufsbildung (BSJB): „Für die Personaleinstellung ist allein der Staat zuständig. Wenn einzelne Schulen versuchen würden, das zu unterlaufen, würden wir intervenieren.“ Derzeit arbeitet die BSJB an einer Richtlinie für Schulsponsoring. Denn, so Griehl, „die Unterrichts-Grundversorgung sicherzustellen, ist und bleibt Sache der Behörde“.

Die privat bezahlten Lehrer in Othmarschen geben keinen regulären Unterricht. Sie sind für Arbeitsgemeinschaften, Wahlfächer oder nachmittägliche Förderstunden vorgesehen. Beide haben im vergangenen Jahr als Referendare am Christianeum gearbeitet und waren bei SchülerInnen und KollegInnen beliebt; beide sollten von der Schulbehörde nur Verträge über sechs beziehungsweise zwölf Stunden pro Woche bekommen. „In diesem Fall hätten sie Stellen in anderen Bundesländern angenommen“, fürchtet Dietrich Schwandt, stellvertretender Vorsitzender des Elternvereins. Er legte gemeinsam mit anderen Müttern und Vätern 8000 Mark obendrauf, um den beiden normale Stellen zu sichern.

Verdammen will dieses Engagement niemand. „Man sollte den Schulen größtmögliche Autonomie einräumen“, findet Christa Goetsch, schulpolitische Sprecherin der GAL. „Aber in Sachen Sponsoring haben wir durchaus noch grundsätzliche Fragen zu klären.“ Zum Beispiel die, wie auch Schulen in ärmeren Stadtteilen teilhaben können am elterlichen Reichtum. „Wir brauchen ein Verfahren, das sicherstellt, daß auch andere Schulen teilhaben können“, sagt auch Günther Frank, schulpolitischer Sprecher der SPD in der Bürgerschaft. „Dennoch darf das gezielte Sponsoring einer Schule nicht unterbunden werden. Davon geht die Welt nicht unter.“

Die Eltern des Christianeums denken derweil in eine andere Richtung: Ewig wollen sie nicht für die Zusatz-Lehrer zahlen; der Verein hofft, daß ab Anfang kommenden Jahres die Schulbehörde die Gehälter übernimmt. „So eine Vereinbarung gibt es aber nicht“, versichert BSJB-Sprecherin Griehl. Nur wenn genug Geld und LehrerInnen-Bedarf an der Schule vorhanden seien, könnten die beiden auf 18 Wochenstunden aufstocken. Die entsprechen einer Dreiviertel-Stelle, wie sie derzeit alle frisch ausgebildeten LehrerInnen in Hamburg bekommen.

Bis dahin geben die Othmarscher Lehrer eben Zusatzunterricht – und sichern den SchülerInnen am Christianeum immerhin ein Angebot an Wahlfächern, das andere nicht unbedingt haben.

Judith Weber

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